Mit der City-Seilbahn durch die Stadt
Staus kosten Zeit und Nerven. Das neuseeländische Start-up Whoosh will mit einer Seilbahn den Stadtverkehr entlasten. Das Besondere: Die Fahrgäste können die Gondeln per App rufen – und die bringen sie autonom ans Ziel.
Die Straßen sind voll: Im Jahr 2024 standen die Deutschen rund 448.000 Stunden im Stau, laut ADAC sind das fünf Prozent mehr als noch im Jahr davor. Deutschland steht mit diesem Problem nicht allein da – weltweit haben vor allem Städte damit zu kämpfen, dass viele Menschen mit Auto, Bus und Bahn von einem Ort zum anderen gelangen wollen. Doch wie können Kommunen die Verkehrsnetze entlasten? Die Antwort ist simpel: Man verlagert den Verkehr in die Höhe, und zwar mithilfe von Seilbahnen.
Diese Idee hatte auch Chris Allington, Gründer und CEO des neuseeländischen Start-ups Whoosh. „Wir können nicht noch mehr Straßen in den Städten bauen, und es passen auch keine weiteren Autos mehr in die Citys“, sagt Allington. Er sieht nur zwei Lösungsansätze: „Man kann also entweder auf U-Bahnen ausweichen, was allerdings teuer und kompliziert ist, oder den Verkehr nach oben verlagern.“
Die City-Seilbahn: Gondel bestellen und einsteigen
Das System des neuseeländischen Start-ups funktioniert anders als eine klassische Seilbahn, wie man sie meist aus den Bergen kennt. Ähnlich wie beim Fahrdienstleister Uber wählen die Fahrgäste per App das Ziel aus. Falls beim Handy mal der Akku leer ist, können sie ihre Fahrt auch an einem Ticketautomaten konfigurieren. Ist die Tour gebucht, laufen die Passagiere zur nächsten Gondelstation und steigen dort ein. Rund zwölf Meter schweben die Kabinen über dem Boden und können bis zu 50 Kilometer pro Stunde fahren.
Damit sich jede Gondel autonom fortbewegen kann, ist sie mit einem Antriebsmodul mit Navigationssystem ausgestattet. Das Antriebsmodul verbindet die Kabine mit dem Seil und sorgt dafür, dass sie die effizienteste Route nimmt. Der Strom dafür kommt aus einer Batterie, „und die wird an den Stationen wieder aufgeladen, wenn Gäste ein- und aussteigen“, erklärt Allington. Mithilfe kleiner Schalträder können die Gondeln Kreuzungen überqueren oder abbiegen. Und genau darin liegt der entscheidende Unterschied zu einer klassischen Seilbahn: Dort bewegt sich nämlich in der Regel das Seil selbst und zieht damit automatisch auch alle Kabinen, die am Seil hängen. Abbiegen, Routen ändern oder einzeln anhalten ist dabei nicht möglich.
Stadt-Seilbahn: ein Pilotprojekt in Queenstown
In Queenstown, einer Stadt auf der Südinsel Neuseelands, wird die Whoosh-Seilbahn bald Realität: Rund drei Millionen Touristen reisen jährlich in die Region, die zwischen beeindruckenden, steilen Bergen und dem Wakatipu-See liegt – eine extrem hohe Zahl an Besuchern bei nur knapp 48.000 Einwohnern. Entsprechend voll sind dort die Straßen. „Weil die Stadt zwischen der Bergkette und dem See eingezwängt ist, bleibt kein Raum, um das Straßennetz zu erweitern“, sagt Allington. Um den Verkehr zu entlasten, soll dort die erste Teststrecke für die Seilbahn entstehen. Touristen und Einheimische können voraussichtlich ab 2027 in Whoosh-Gondeln zwischen dem Vorort Frankton und dem Flughafen Queenstown auf einer Strecke von zwei Kilometern hin und her pendeln. Später sollen noch andere Ecken der Stadt mit dem Seilbahnnetz erschlossen werden.
Das Unternehmen und die Stadt Queenstown versprechen sich durch die Maßnahme nicht nur weniger Verkehr auf den Straßen – durch die Seilbahn würden sich auch die CO2-Emissionen reduzieren. Rund 5.500 Tonnen CO2 könnte Queenstown mit der Anlage jährlich einsparen, schreibt Whoosh auf seiner Webseite. Zusätzlich kommt der Strom für die Batterien der Gondeln zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen.
Seilbahnen: günstig, nachhaltig und trotzdem wenig verbreitet
Harry Wagner, Professor für Mobilitätsmanagement der Technischen Hochschule Ingolstadt, sieht neben dem Nachhaltigkeitsaspekt noch einen anderen Vorteil: „Einen Kilometer U-Bahn zu bauen, kostet circa 250 Millionen Euro. Einen klassischen Seilbahnkilometer kann man hingegen schon für fünf bis sieben Millionen Euro bauen“, sagt Wagner. Eine Seilbahn ist damit deutlich günstiger als andere Verkehrsmittel. Zwar können durchschnittlich in der Stunde nur 4.000 bis 5.000 Menschen mit den Gondeln fahren – in einer U-Bahn sind es circa 30.000 Personen – doch laut Wagner ist das für viele städtische Gegenden schon ausreichend. „Wenn man beispielsweise einen Vorort anbinden will, muss man nicht mit den gleichen Pendlerzahlen rechnen wie innerhalb des Stadtzentrums“, sagt Wagner.
Ein weiterer Vorteil der Seilbahn: Im Vergleich zur Straße muss weniger Fläche versiegelt werden, lediglich die Stationen benötigen Platz und Beton. Man könne sie jedoch gut ins Stadtbild integrieren und beispielsweise an Bushaltestellen anbinden, meint der Mobilitätsexperte. So können die Fahrgäste direkt von der Gondel in den Bus umsteigen – dafür sei es jedoch wichtig, dass die Seilbahn Teil des ÖPNV ist, und die Fahrgäste dafür nicht extra zahlen müssen.
Trotz ihrer Vorteile sind Seilbahnen bisher nur wenig verbreitet. Wagner vermutet dahinter Unsicherheit darüber, wie ein solches System funktioniert, wie man es am besten baut und betreibt. Auf ein paar Dinge müssen die Planer nämlich achten: „Die Seilbahn sollte nicht über privat bebaute Gebiete fahren, sodass die Fahrgäste den Anwohnern dort etwa beim Sonnenbaden zuschauen können“, sagt Wagner. Hinzu kommt, dass Seilbahnen einmal im Jahr gewartet und die Seile neu gespannt werden müssen. Das dauert zwei bis drei Wochen – und in dieser Zeit kann die Bahn nicht fahren.
Ottobahn: deutsches Start-up vor Herausforderungen
Auch in Taufkirchen, einem Vorort von München, war einmal eine Teststrecke für eine autonom fahrende Seilbahn geplant, die ähnlich wie Whoosh funktioniert. Das deutsche Start-up Ottobahn wollte hier auf einem Abschnitt von einem Kilometer fünf Fahrzeuge testen, doch dann blieben Investorengelder aus. Stattdessen treibt das Team die Seilbahn-Entwicklung nun Indoor voran: „Wir nutzen dafür den Hardware-in-the-Loop-Ansatz“, sagt Marc Schindler, Geschäftsführer von Ottobahn.
„Mithilfe von Software können wir Wind- und Wetterbedingungen simulieren und so den Einsatz aller Fahrzeugkomponenten bereits in der Halle testen.“ International sei Interesse für das deutsche Seilbahnsystem da – etwa aus den USA, Italien und Thailand. Schindler hält an der Teststrecke in Taufkirchen fest und will mit dem Projekt weitermachen, sobald die notwendige Finanzierung steht. Der Traum, in einer Gondel den Stau der täglichen Rush-Hour zu überfliegen, lebt also weiter.
208 Seilbahnen
fahren in Deutschland.
Quelle: Verband deutscher Seilbahnen und Schlepplifte e. V.
859.000 Kilometer
Stau gab es 2024 in Deutschland.
Quelle: ADAC

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