Hybridparks – die perfekte Kombination

Foto: Lina Bob, Unsplash
Strom aus Solar- und Windanlagen gilt als Schlüssel für die Energiewende. Zusammen funktionieren sie sogar noch besser, da sie eine stabilere Stromversorgung ermöglichen. Ein Projekt im oberpfälzischen Deining zeigt die Vorteile.
Deutschland treibt den Ausbau erneuerbarer Energien weiter voran: Im ersten Halbjahr 2025 stammten knapp 58 Prozent des Stroms aus Wind, Sonne und Biomasse – Tendenz steigend. Doch Hellbrisen (Sonnenschein und gleichzeitig starker Wind) und Dunkelflauten (starke Bewölkung und kein Wind) können für extreme Über- beziehungsweise Unterauslastungen des Stromnetzes sorgen. Eine Lösung, um diese Spitzen zu vermeiden, sind Hybridparks: Sie kombinieren Wind- und Solarstrom an einem Standort. Mittags – vor allem im Sommer – liefert die Sonne Energie, morgens und abends – vor allem im Winter – der Wind. Hybridparks nutzen die Netzinfrastruktur effizienter aus, liefern gleichmäßig Strom und sind dadurch wirtschaftlicher als separate Wind- und Solarparks. Dennoch sind Hybridparks wie im oberpfälzischen Deining die Ausnahme.
Hybridpark: Wind trifft auf Sonne
In Deining betreibt das Regensburger Unternehmen Windpower bereits seit 2013 einen Windpark. Im Jahr 2023 kamen drei Solarparks mit insgesamt 23,5 Megawatt (MW) hinzu. Gemeinsam könnten die Anlagen bis zu 43 MW Leistung erzeugen und damit mehr als 30.000 Haushalte mit Strom versorgen. „Wir haben die Solarmodule buchstäblich neben den bestehenden Windkraftanlagen platziert“, erzählt Bürgermeister Peter Meier. Der Vorteil: Wind- und Solaranlagen können sich dieselben Netzanschlusspunkte teilen, Cable Pooling nennen Experten das. „Ohne die Möglichkeit des Cable Poolings hätten wir den Solarpark nicht wirtschaftlich umsetzen können, da wir eine komplett neue Infrastruktur samt Kabel und Netzanschlüssen hätten bauen müssen“, sagt der technische Leiter Clemens Reichl.
Stefan Krauter, Professor für nachhaltige Energiekonzepte an der Universität Paderborn, bestätigt: „Die Kombination verschiedener Energiequellen spart Kapazitäten, weil nicht jedes System getrennt auf die jeweilige Spitzenlast ausgelegt werden muss, die nur selten ausgereizt wird.“ Zwar kann es zu leichten Einbußen kommen, weil man sich so manches erzeugte Kilowatt entgehen lässt, wenn Wind- und Solaranlagen gleichzeitig maximal einspeisen könnten. Doch insgesamt erhöhen Hybridparks die gleichmäßige Auslastung der Netze – dadurch sinken die Netzentgelte und langfristig auch die Strompreise.
Auch Deining profitiert: Pro erzeugter Kilowattstunde gehen 0,2 bis 0,3 Cent an die Gemeinde – ein Betrag, der sich schnell zu einer sechsstelligen Summe im Jahr addiert. Bürgermeister Meier nutzt die Einnahmen für Projekte vor Ort, zum Beispiel für neue Spielplätze oder Straßensanierungen. „Wenn die Bürger sehen, dass vor Ort etwas zurückkommt, steigt die Akzeptanz deutlich“, erklärt er. Beschwerden, zum Beispiel über zu laute Windradgeräusche, gibt es jedenfalls nicht. Über eine Online-Plattform von Windpower konnten Anwohner zudem Eigenkapital investieren und erzielen nun attraktive Renditen, was die Akzeptanz für den Hybridpark weiter erhöht.
Hybridparks nutzen Netzkapazitäten effektiver
Hybridparks müssen allerdings – im Vergleich zu herkömmlichen Wind- oder Solarparks – einige zusätzliche Voraussetzungen erfüllen: Windpower muss etwa sicherstellen, dass in jedem Fall die vereinbarte maximale Einspeiseleistung von 19 MW eingehalten wird. Denn auch in Deining ist die Netzanschlusskapazität begrenzt, weil der Netzausbau nicht mit dem Boom erneuerbarer Energien Schritt hält, wie an so vielen Orten Deutschlands. Der technische Leiter Reichl sieht das jedoch gelassen: „Die Maximalleistung von 43 MW werden wir in der Praxis nie erreichen, dazu müssten Sonne und Wind gleichzeitig maximal Strom produzieren – ein sehr unwahrscheinliches Ereignis.“ Eine Studie des Bundesverbands Erneuerbare Energie e. V. bestätigt seine These: Ein Solarpark nutzt einen Netzanschlusspunkt im Durchschnitt nur zu 13 Prozent aus, bei Windenergie sind es rund 33 Prozent. Gemeinsam betrieben, steigt die Auslastung deutlich – in manchen Fällen sogar auf das Doppelte.
Um die gesetzlichen Einspeisevorgaben zu erfüllen, braucht es komplexe Steuerungen, zusätzliche Unterzähler und genaue Messungen – ein System, das Windpower für seine ersten Hybridparks im Jahr 2018 zunächst intern entwickeln musste. „Das war ein Lernprozess, bei dem wir anfangs durchaus Lehrgeld gezahlt haben, da das System nicht schnell und präzise genug auf Einspeisespitzen reagiert hat“, sagt Reichl. Aber auch die Abrechnung gestaltet sich komplizierter: Einige Netzbetreiber sind mit der Datenverarbeitung derzeit noch überfordert, was die Auszahlung der Vergütung verzögert, so Reichl.
Hybridparks: die gesetzlichen Hürden fallen
Dass es bisher in Deutschland nur wenige Hybridparks gibt, liegt jedoch nicht an der technischen Umsetzung, sondern in erster Linie an der komplexen Gesetzeslage. Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz mussten Wind- und Solaranlagen jeweils eigene Netzanschlüsse haben, wenn ihre maximale Erzeugung die Einspeisekapazität überschreiten könnte. Ein Netzbetreiber konnte einem Anlagenbetreiber aber das Recht einräumen, durch Cable Pooling mehr Leistung zu installieren als der Netzanschluss vorsieht – so wie im Fall Deining.
Das Solarspitzengesetz, das Anfang dieses Jahres in Kraft trat, vereinfacht diesen Prozess nun. Es sieht vor, dass durch den verpflichtenden Einbau smarter Steuersysteme die Netzstabilität gesichert, regionale Blackouts und Erzeugungsspitzen vermieden sowie die Netzüberbauung vereinfacht wird. Netzüberbauung heißt, dass vorhandene Kapazitäten effizienter genutzt werden, sodass nicht immer neue Anschlüsse notwendig sind. „Neue Netzanschlüsse sind schwer zu bekommen – die Überbauung bereits vorhandener Anschlüsse macht es einfacher, die Energiewende voranzubringen“, erklärt Reichl.
Dank Batteriespeicher überschüssigen Strom sinnvoll nutzen
Um Erzeugung und Verbrauch künftig noch besser in Einklang zu bringen, plant Windpower, einen Batteriespeicher in den Hybridpark Deining zu integrieren. Tagsüber speichert er überschüssigen grünen Strom aus Sonne oder Wind, nachts gibt er ihn wieder ab. Ab 2027 soll zudem ein Elektrolyseur im benachbarten Hybridpark Pilsach überschüssige Energie in grünen Wasserstoff umwandeln. Die entstehende Abwärme könnte ein lokales Wärmenetz versorgen. „Unser Ziel ist es, mit wenigen Ressourcen möglichst viel Energie bereitzustellen“, sagt Reichl. Um Windkraft, Solarenergie und Batteriespeicher optimal zu verbinden und das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2030 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu beziehen, bräuchte es jetzt mehr Unternehmen, die solche Projekte zügig realisieren.
Deutsches Hybridpark-Know-how in Finnland
In Nordfinnland entsteht einer der größten Hybridparks Europas: Die VSB Gruppe aus Dresden baut auf der Insel Puutionsaari einen Windpark mit 49 Anlagen und 350 MW Leistung, ergänzt um einen Solarpark mit weiteren 100 MW. Zusammen können sie rund 337.500 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen. Das Investitionsvolumen: rund 500 Millionen Euro. Der Baustart ist noch 2025 geplant, bis 2028 soll der Park ans Netz gehen.
Hybridpark XXL in Indien
Das indische Energieunternehmen AGEL baut den größten Hybridpark der Welt. Der Gujarat Hybrid Renewable Energy Park im Distrikt Kutch in Indien wird eine Fläche von mehr als 72.000 Hektar umfassen – fünfmal so groß wie Paris und sogar aus dem All sichtbar. Bis 2030 soll hier eine kombinierte Leistung von 30 Gigawatt (GW) ans Netz gehen, davon 20 GW aus Solar- und zehn GW aus Windenergie. Das entspricht dem Bedarf von 16 Millionen Haushalten und spart jährlich rund 58 Millionen Tonnen CO₂. Investitionsvolumen: rund 20 Milliarden US-Dollar. Bereits im März hat das Unternehmen die Leistung von einem GW installierter Solarkapazität erreicht – weniger als zwölf Monate nach Baubeginn.
11.000 Tonnen CO₂
vermeiden allein die Solaranlagen in Deining jährlich.
Quelle: Windpower
4.200.000 Photovoltaikanlagen
mit fast 100 GW Nennleistung sind derzeit in Deutschland installiert.
Quelle: Energieerzeugung - Statistisches Bundesamt

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