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Zahlt sich Klimaschutz aus?

Text von Nadja Christ
26.11.2024
Nachhaltigkeit

Über diese Frage streiten weltweit Experten, Politiker und Laien: Was ist günstiger: den Klimawandel aufzuhalten oder sich darauf vorzubereiten? Eine Gegenüberstellung von Nutzen und Kosten.

Rund 9,9 Milliarden Euro stellte Deutschland im Jahr 2023 der internationalen Staatengemeinschaft zur Verfügung. Etwas mehr als die Hälfte, circa 5,6 Milliarden Euro, stand für weltweite Klimaschutzmaßnahmen bereit. Die restlichen 43 Prozent der Summe waren vorgesehen, um Maßnahmen zu finanzieren, die die Folgen des Klimawandels abmildern sollen. Die Aufteilung zeigt: Auch die Bundesregierung ist sich nicht sicher, ob sie besser auf effizienten Klimaschutz setzen soll – oder doch auf die Eindämmung möglicher Schäden. 

Billionenschäden und hohe Einkommensverluste

Vielleicht verschafft die Klimakostenrechnung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) künftig mehr Klarheit. Mithilfe neuester empirischer Daten aus weltweit mehr als 1.600 Regionen der vergangenen 40 Jahre berechneten die PIK-Forschenden, welche Auswirkungen die bis zum jetzigen Zeitpunkt verursachten Klimaveränderungen auf das künftige Wirtschaftswachstum haben werden. Die Ergebnisse: Sie schätzen die Schäden bis zum Jahr 2050 weltweit auf insgesamt rund 38 Billionen US-Dollar. Das PIK prognostiziert einen Einkommensrückgang der Weltwirtschaft von 19 Prozent bis 2050 – unabhängig davon, wie sich die Emissionen in den kommenden 26 Jahren entwickeln werden. 

„Unsere Analyse zeigt, dass der Klimawandel in fast allen Ländern der Welt – auch in hochentwickelten wie Deutschland, Frankreich und den USA – innerhalb der nächsten 25 Jahre massive wirtschaftliche Schäden verursachen wird“, sagt PIK-Forscherin Leonie Wenz gegenüber dem Online-Wissensmagazin Scinexx.de. Dabei hat das Forscherteam in seiner Studie „Das wirtschaftliche Engagement für den Klimawandel“ (englisch: „The economic commitment of climate change“) bewusst extreme Wetterereignisse, wie Hitzewellen, tropische Meeresstürme oder den Anstieg des Meeresspiegels, nicht miteinbezogen.

Auch klimatische, irreversible Kipppunkte, wie das Schmelzen des grönländischen Eisschilds, wurden nicht berücksichtigt. Dabei könnten diese Ereignisse die Schäden noch weiter in die Höhe treiben. Mit welchen Maßnahmen sich künftige CO2-Emissionen am wirkungsvollsten reduzieren lassen, hat das PIK übrigens in einer anderen Untersuchung herausgefunden.

Die Grafiken veranschaulichen die Auswirkungen des Klimawandels auf die wirtschaftliche Entwicklung: 

 

Die PIK-Studie zeigt die große Ungleichheit der Klimafolgen: „Die Länder, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, werden voraussichtlich Einkommensverluste erleiden, die 60 Prozent höher sind als in den Ländern mit höherem Einkommen und 40 Prozent höher als in den Ländern mit höheren Emissionen“, sagt Anders Levermann, Leiter der Forschungsabteilung Komplexitätsforschung am PIK. Besonders problematisch: „Diese Länder verfügen auch über die geringsten Ressourcen, um sich an die Klimafolgen anzupassen“, so Levermann. 

 

Was ist denn nun günstiger: den Klimawandel aufzuhalten oder sich darauf vorzubereiten? Die Antwort auf diese Frage liefert das PIK: Die wirtschaftlichen Schäden durch den Klimawandel fallen sechsmal höher als die Kosten für Klimaschutzmaßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei Grad. Wichtige Sofortmaßnahmen seien ein Strukturwandel hin zu einem erneuerbaren Energiesystem, Anpassungsmaßnahmen an die veränderten Klimaverhältnisse und eine drastische Reduzierung der CO2-Emissionen mit sofortiger Wirkung, so die Forschenden.

 

Ein zentraler Faktor des Klimawandels sind die jährlich steigenden Durchschnittstemperaturen. Der Deutsche Wetterdienst hat die aktuellen Daten für Deutschland von 2023 mit den Zeiträumen 1961 bis 1990 sowie 1991 bis 2020 verglichen: Tendenz deutlich steigend. Ähnlich sieht es auf dem Rest der Welt aus. Das wirkt sich spürbar auf unsere Arbeitsleistung aus.

 

Dürre- und Hitzesommer sind eine weitere Konsequenz der jährlich steigenden Durchschnittstemperaturen. In Deutschland haben darunter verschiedene Wirtschaftszweige zu leiden: Die Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe sowie die Forstwirtschaft sind am stärksten betroffen.

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