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Wie Engagement zu mehr Nachhaltigkeit und besserer Rendite führen kann

Text von Gerd Huebner
26.10.2023
Vermögen

Investoren üben zunehmend Einfluss auf Unternehmen aus. Das geschieht verstärkt über sogenannte Engagement-Prozesse, die darauf abzielen, die Firmen zu nachhaltigerem Verhalten zu bewegen. Nebenbei kann das auch dem Aktienkurs helfen.

Wussten Sie, dass mit 44 Prozent fast die Hälfte der Unternehmen im MSCI World Index noch keine glaubwürdigen Klimaschutzziele hat? Das sind Schätzungen des Carbon Disclosure Projects, kurz CDP genannt. Unter dem Dach der internationalen Organisation, die jedes Jahr Fragebögen zu den Themen Klimawandel, Wasserbrauch oder Schutz der Wälder an Unternehmen verschickt und die Antworten unter Nachhaltigkeitsaspekten bewertet, haben im Herbst vergangenen Jahres unter anderem 318 Finanzinstitutionen mit einem verwalteten Vermögen von über 136 Billionen Dollar verschiedene Unternehmen mit hohen Umweltauswirkungen dazu aufgefordert, sich wissenschaftlich fundierte Ziele für die Reduzierung von Emissionen zu setzen.

Es ist ein Beispiel dafür, wie Asset Manager, die viele Anlegergelder für ihre Kunden verwalten, zunehmend Einfluss auf Firmen nehmen, die sich nicht nachhaltig verhalten. „Die Idee dabei ist, dass Anleger damit Risiken, die aus nicht nachhaltigem Verhalten entstehen können, reduzieren und damit unter dem Strich eine bessere Rendite mit ihren Anlagen erwirtschaften können“, erklärt Kristina Kern, die bei der Bethmann Bank für das Thema Engagement zuständig ist. Dabei zählt auch das Frankfurter Bankhaus zu den Unterstützern des CDP. „Wir beteiligen uns am CDP aktiv und gehen bei einigen Engagements auch in den Lead. Dieses kollaborative Engagement ist in unseren eigenen Engagement-Prozess eingegliedert, mit dem wir anstreben im Rahmen eines konstruktiven und kritischen Dialogs auf Unternehmen einzuwirken, sich nachhaltiger zu verhalten“, so die Nachhaltigkeitsexpertin.

Die Idee dabei ist, dass Anleger damit Risiken, die aus nicht nachhaltigem Verhalten entstehen können, reduzieren und damit unter dem Strich eine bessere Rendite mit ihren Anlagen erwirtschaften können.
Kristina Kern, ESG-Analystin

Unterschiedliche Auslöser

Die potenziellen Auslöser eines Engagement-Prozesses können dabei unterschiedlicher Natur sein. „Bei unserer Impact-Strategie zum Beispiel müssen wir vor einem Investment sicherstellen, dass bestimmte Kriterien erfüllt sind“, sagt Kern. „Ist das nicht der Fall, können wir den Dialog mit dem Unternehmen anstoßen.“ Oder es kommt zum Beispiel bei einer Schwellenländerstrategie zu Veränderungen in der ursprünglichen ESG-Einstufung, die nach den Kriterien der Bethmann Bank zu einem Ausschluss führen. Das war zum Beispiel bei einem chinesischen unabhängigen Stromerzeuger der Fall. Das Unternehmen ist zwar einer der größten Windenergieproduzenten in Asien, hatte aber noch ein Geschäft mit thermaler Kohle. „Unser Ziel war es, darauf hinzuwirken, dass das Unternehmen diesen Bereich abbaut, und hinsichtlich ESG-Reporting und seiner Aktionärsstruktur transparenter wird“, so Kern.

Ihr kommt dann die Aufgabe zu, mit dem betreffenden Unternehmen in Kontakt zu treten und den richtigen Ansprechpartner zu finden. Dabei scheint auf Unternehmensseite eine gewisse Offenheit zu bestehen. „Wir stellen fest, dass die meisten Firmen offen für den Dialog mit uns sind“, erzählt die Analystin. Haben sie und ihre Kollegen ihr Anliegen dann vorgebracht, geht es darum, das Unternehmen weiter zu beobachten und zu schauen, ob tatsächlich etwas passiert. Im Fall des chinesischen Versorgers trug nicht nur der Anfang 2023 veröffentlichte ESG-Bericht zu mehr Transparenz bei, sondern auch der Aufbau eines eigenen ESG-Teams half dabei, die Bemühungen des Unternehmens besser einzuschätzen. „Das Unternehmen verfolgt die Strategie, sich bis 2024 von seinem Geschäft mit thermaler Kohle trennen zu wollen“, so Kern.

Hohe Erfolgsquote

Doch auch wenn es in diesem Fall funktionierte, garantiert ist das nicht. Insgesamt war das Engagement der Bethmann Bank seit dem Jahr 2020, als das Kreditinstitut diese Tätigkeit aufnahm, in mehr als zwei Siebtel der Fälle erfolgreich, Teilerfolge konnten bei mehr als drei Siebteln der angesprochenen Firmen erzielt werden. Bei jeweils ungefähr einem Siebtel sind die Forderungen entweder noch offen oder das Engagement war nicht von Erfolg gekrönt. „In einem solchen Fall, wenn das Unternehmen nichts in die gewünschte Richtung unternimmt, verkaufen wir“, erklärt Kern. Dabei beziehen sich die meisten Engagements mit 36 Prozent auf Umweltthemen, die häufigsten Forderungen betreffen ESG-Standards in der Berichterstattung. Bei den Gesprächen selbst geht es in etwa jedem Vierten um den Klimawandel, danach folgen mit 20 Prozent bereits Arbeitnehmerrechte.

Wenn das Unternehmen nichts in die gewünschte Richtung unternimmt verkaufen wir.
Kristina Kern, ESG-Analystin

Neben den selbst angestoßenen Dialogen mit den Unternehmen und dem Engagement mit dem CDP gibt es ferner eine Partnerschaft mit EOS, einem weltweit führenden Anbieter von Engagement-Dienstleistungen, der die Nachhaltigkeitsforderungen zahlreicher Investoren bündelt. All das verdeutlicht, dass die Rolle von Investoren bei der Einflussnahme auf Konzerne nicht zu unterschätzen ist und immer wichtiger wird. „Natürlich hat das Gewicht“, erklärt Kern. „Wir machen das aber auch nicht zum Selbstzweck, sondern am Ende geht es um unsere Anleger, denen gegenüber wir eine Treuhänder-Funktion haben, die wir sehr ernst nehmen.“

Tatsächlich gibt es inzwischen zahlreiche Studien, die nachweisen, dass Unternehmen, die ESG-Risiken vermeiden, sich langfristig besser entwickeln. Engagement ist also durchaus im Sinne der Endinvestoren. Wie viel das Engagement der einzelnen Bank bringt, ist dabei zwar offen. „Das ist auch deshalb schwer festzustellen, weil andere Asset Manager und Banken ja den gleichen Weg gehen“, so Kern. „Letztlich ist das aber auch nicht entscheidend, sondern es geht vielmehr darum, dass das investierte Kapital in die richtige Richtung wirkt.“

Dieser Artikel ist im Original auf CapInside erschienen.

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