Es kann sinnvoll sein, einmal auf Probe zu sterben

Der Beratungsbedarf bei Nachfolgeregelungen steigt, weil Deutschland zu einer Erbengesellschaft wird
Es gibt bei der Nachfolgeplanung im Wealth Management einen eher uncharmanten, aber durchaus treffenden Ausdruck: das „Probesterben“. Man könnte etwas pietätvoller auch von einer Simulation des Ernstfalls sprechen: Was passiert mit meinem Vermögen, wenn ich sterbe oder gestern verstoben wäre? Wer erbt, wer erbt wie viel, wer erbt nicht? Wie groß ist die steuerliche Belastung für die Erben?
Was wären die Folgen auf Basis des Status quo – also so, wie die Dinge jetzt geregelt oder eben nicht geregelt sind? Und abgeleitet davon: Welche Vorkehrungen sind zu treffen, um sicherzustellen,
dass mein Wille im Todesfall zur Geltung kommt?
Im Jahr 2023 erreichten laut Statistischem Bundesamt allein die steuerlich erfassten Erbschaften und Schenkungen in Deutschland den Höchstwert von 121,5 Milliarden Euro, ein Anstieg um rund 20 Prozent zum Vorjahr. „Der Beratungsbedarf bei der Nachfolgeplanung nimmt beständig zu“, stellt Maximilian Kleyboldt, Senior Wealth Planner bei der Bethmann Bank, fest. „Dies hat sicherlich erst einmal damit zu tun, dass Deutschland mit dem Renteneintritt der Babyboomer-Generation immer mehr zur einer Erbengesellschaft wird.“ Hinzu komme, so der Experte, dass die Themen persönlicher Nachlass und unternehmerische Nachfolge für viele Menschen verständlicherweise emotional schwierig, wenn nicht sogar belastend seien. Man möchte sich ungern mit dem Thema Tod beschäftigen und überprüft bisher getroffene Entscheidungen nicht regelmäßig. Wenn beispielsweise eine Gütertrennung besteht, stellt sich die Frage: Ist es noch der richtige eheliche Güterstand? Sind die Folgen von testamentarischen Regelungen bekannt? „Je komplexer die Vermögensstruktur und die Familienverhältnisse, desto größer ist
der Bedarf an externer Expertise für gute Erbfall- und Nachfolgeregelungen“, so Kleyboldt.
Schritt eins: Bestandsaufnahme
Alles beginnt mit einer Bestandsaufnahme. Im ersten Schritt geht es darum, die Familiensituation zu verstehen, den Status quo des gesamten Vermögens zu erfassen und die vorhandenen Nachfolgeregelungen zu analysieren, um diese zu simulieren und dann zu schauen, welche Ergebnisse dabei herauskommen. Das Ergebnis ist für die Betroffenen – Erblasser wie Erben – in vielen Fällen überraschend: Streitigkeiten in der Familie sind programmiert, die Belastung durch die Erbschaftsteuer ist gravierend oder das vorhandene Testament ist unklar und nicht rechtssicher. „Im besten Fall“, sagt Brit Eilitz, Senior Wealth Planner bei der Bethmann Bank, „folgt den Erkenntnissen aus der Bestandsaufnahme zunächst das Nachdenken und dann die Einsicht, dass Handlungsbedarf besteht.“
Wichtig ist bei der Planung ein ganzheitlicher Ansatz, der alle Vermögensarten – von liquiden Anlagen über Immobilien bis zum Betriebsvermögen – einschließt. Die Nachfolgeberatung, auch häufig Estate Planning genannt, geht über die reinen steuerlichen oder rechtlichen Aspekte der Vermögensnachfolge hinaus. Sie befasst sich auch mit den wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen des Vermögensübergangs und macht diese transparent. Die Bethmann Bank ist in der Lage, diese Ganzheitlichkeit sicherzustellen, zum einen durch ihre Experten in den Bereichen Wealth & Estate Planning, Immobilien, Versicherungen und Entrepreneur & Enterprise (E&E), zum anderen durch Hinzuziehung weiterer externer Spezialisten aus dem breiten Partnernetzwerk, zum Beispiel in gesellschafts- und steuerrechtlichen Fragen. „Ein Vermögensplaner muss alle Zusammenhänge und Wechselwirkungen miteinander verbinden und auch die Zeitachse im Blick haben“, so Brit Eilitz. Denn die Lebenssituationen und Vermögensverhältnisse vieler Menschen verändern sich nun einmal dynamisch.
Round Table oder Spaziergang?
Nach dem Probesterben kann bei großen Vermögen ein Family Round Table sinnvoll sein, also ein Treffen der potenziellen Erblasser mit der „NextGen“, der Erbengeneration. „Oftmals“, so Bethmann Bank Experte Kleyboldt, „geht es darum, sich zunächst einmal über die Erwartungen und Wünsche auszutauschen. Haben die Kinder wirklich Interesse an den Immobilien ihrer Eltern? Ist der elterliche Wunsch, den Betrieb in die nächste Generation zu überführen, mit deren Lebensplanung vereinbar?“ Bankexperten wie der zuständige Relationship Manager oder ein Wealth Planner können das Generationentreffen begleiten und als Moderator fungieren. Sie erhalten so einen direkten Einblick in die wirtschaftliche Ausgangssituation und die emotionalen Befindlichkeiten aller Beteiligten. Auf dieser Basis kann dann ein individuelles Konzept erstellt werden.
Gerade eine für alle Seiten zufriedenstellende Nachfolgeregelung in Familienunternehmen stellt oftmals eine große Herausforderung dar. Die Bethmann Bank kooperiert deshalb mit dem im Jahr 2020 gegründeten Wiesbadener Institut für Nachfolge-Kultur (WINK). Der gemeinnützige Verein hat das Ziel, dass Unternehmer und ihre Familien den Nachfolgeprozess überhaupt erst einmal in Gang setzen. Diesem Zweck dient ein sechsstufiger strukturierter Prozess, zu dem auch ein „Walk of Change“, unterstützt durch eine App-Lösung, gehört: Bei einer Wanderung durch reizvolle Kulturlandschaften wie etwa die Weinberge des Rheingaus bekommen Unternehmer wie potenzielle Nachfolger Gelegenheit, sich über ihre Ziele für sich selbst, ihre Familien und auch für das Unternehmen, um dessen Zukunft es geht, bewusst zu werden und auszutauschen.
Komplexe Rechtsbereiche
Selbst wenn Klarheit über Wünsche und Ziele herrscht, ist es noch ein weiter Weg, bis ein tragfähiges Konzept ausgearbeitet und installiert ist. „Erb-, Steuer- und Stiftungsrecht sind komplexe Rechtsbereiche, die oftmals unterschätzt werden“, so Brit Eilitz. Bei großen und breit gestreuten Vermögen sei es deshalb unabdingbar, Experten aus allen Disziplinen hinzuzuziehen, um eine optimale Lösung auszuarbeiten. Das gilt auch für den vermehrt auftretenden Wunsch, einen Teil des privaten Vermögens dauerhaft einem guten Zweck zuzuführen, etwa durch eine Stiftung, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Denn auch philanthropisches Engagement muss sich in eine ganzheitliche
Vermögenssteuerung einfügen.
Wer sich frühzeitig mit Nachlass- und Nachfolgefragen befasst, stellt nicht nur sicher, dass den persönlichen Wünschen nach dem eigenen Ableben Rechnung getragen wird. Er erleichtert auch der nächsten Generation den Umgang mit dem vererbten Vermögen. „Gerade Erbengemeinschaften, in denen sich die Kinder von Verstorbenen ohne ausreichende Regelungen wiederfinden, sind ein sprudelnder Quell von Konflikten, die oftmals nicht sein müssten“, so Maximilian Kleyboldt.
Auch wenn es bei dem einen oder anderen Unbehagen auslösen mag, sich mit dem eigenen Ableben und dessen Folgen zu befassen, so kann das Bewusstsein, die Dinge im besten Sinne geregelt zu haben, auf der anderen Seite auch die Lebensqualität erhöhen. Kleyboldt bringt es auf die Formel: „Es ist sicher nicht schön, es kann jedoch sinnvoll sein, einmal auf Probe zu sterben.“
Weitere Informationen zum Thema Nachfolgeplanung finden Sie auf der Webseite der Bethmann Bank.

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