„Ich darf für das Unternehmen nicht so wichtig werden“
Johannes-Metzger, Foto: Patricia Malak Photography
Dass die Übergabe eines Familienunternehmens mehr ist als ein einfacher Personalwechsel, musste auch Johannes Metzger erleben. In der Te:nor-Serie Unternehmensnachfolge erzählt der CEO der Spedition Metzger, wie er nach Jahren außerhalb des Betriebs die Nachfolge antrat – und welche Rollen Unternehmenskultur und Nachhaltigkeit für die Zukunft spielen.
Herr Metzger, war für Sie schon immer klar, dass Sie einmal das Familienunternehmen leiten werden?
Johannes Metzger: Hätten Sie mich das im Kindergarten gefragt, hätte ich sofort Ja gesagt. Später war es für mich aber nicht zwingend notwendig, die Spedition zu übernehmen. Ich habe nach meinem Bwl-Studium in anderen Unternehmen gearbeitet und war außerdem im Ausland tätig – ich hätte also auch andere Karrierewege einschlagen können. In meiner Familie gab es keinen Zwang oder eine vorgefertigte Nachfolgerolle für mich und meine Geschwister.
Warum haben Sie sich dann doch dazu entschieden, die Spedition weiterzuführen?
Die Entscheidung kam einfach zur richtigen Zeit. Als meine Eltern mich gefragt haben, ob die Nachfolge für mich infrage kommen würde, war ich 30 Jahre alt. Ich hatte vorher die Möglichkeit, in die Welt hinauszugehen und meine eigenen Erfahrungen zu sammeln – das war für mich sehr wichtig. Gleichzeitig habe ich schon immer gerne Dinge angepackt und organisiert und fühle mich im Speditions-Segment wohl. Es war also ein idealer Zeitpunkt.
Es ist jetzt rund zehn Jahre her, dass Sie den Betrieb übernommen haben. Wenn Sie heute zurückblicken – was würden Sie anders machen?
Ich würde mich viel besser auf das Thema Unternehmenskultur vorbereiten. Die Leitlinien eines Unternehmens, das ist eine Sache – aber wie die Firma wirklich tickt und wie die Zusammenarbeit gelebt wird, das ist eine andere.
Inwiefern?
Ich dachte, ich kenne die meisten Mitarbeitenden, schließlich war ich von klein auf immer bei Firmenfesten und Veranstaltungen dabei. Doch trotz dieser Nähe war mir die Unternehmenskultur anfangs ziemlich fremd. Ich habe vorher eine Zeit lang im Ausland gearbeitet, aber der Kulturschock in Neu-Kupfer war für mich fast schlimmer als meine Erfahrungen in Asien. Ich habe unterschätzt, welche eingeschworene Gemeinschaft ein Unternehmen mit nur 70 oder 80 Mitarbeitenden sein kann. Würde ich heute noch einmal die Nachfolge antreten, würde ich mich schon vor der offiziellen Übergabe mit den Menschen zusammensetzen und nicht erst danach.
Und was würden Sie genauso wieder machen?
Das Scannen des Zahlenwerks, die Verträge und das Finanzielle – das ist die Basis, die selbstverständlich da sein muss. Aber auch die schnelle Übertragung der Verantwortung war für mich persönlich ein wichtiger Schritt. Ich wurde nach nur 14 Tagen Geschäftsführer und das hat den Nachfolgeprozess sowohl nach innen als auch nach außen hin sehr klar und transparent gemacht. Ich war unvorbereiteter, als wenn ich schon Jahre im Unternehmen gearbeitet hätte, und musste lernen, einen Betrieb zu führen. So gesehen war es also ein Sprung ins kalte Wasser. Gleichzeitig hat mir das aber auch geholfen, mal ungewöhnlichere Wege zu gehen und frische Impulse zu setzen.
Ihre Art der Unternehmensführung unterscheidet sich also von der Ihres Vaters?
Auf jeden Fall! Es ist ja normal, dass Generationen unterschiedlich arbeiten. Das fing schon damit an, dass ich die Du-Kultur eingeführt habe. Auch beim Thema Mitarbeiterführung ist mittlerweile einiges anders: Führung bedeutet für mich nicht, dass man nur die Urlaubsplanung macht und Jahresgespräche führt. Es geht darum, die Mitarbeitenden und ihre Potenziale zu erkennen und dafür zu sorgen, dass sie sich weiterentwickeln können. Bei mir selbst setze ich außerdem andere Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben als meine Eltern. Sie wohnen sehr nah an der Firma und mein Vater war früher auch samstags im Betrieb. Das ist heute zum Beispiel nicht mehr notwendig, weil sich die Prozesse verändert haben. Ich wohne nicht direkt nebenan und nutze die Arbeitswege, um abzuschalten und Sachen zu verarbeiten. Und ich setze andere Themenschwerpunkte.
Welche sind das?
Das Thema Nachhaltigkeit war in den beiden Generationen vor mir zwar insofern relevant, dass man etwas aufbauen wollte, was bestehen bleibt. Es geht ja nicht nur um ökologische Maßnahmen, sondern auch um soziale Verantwortung. Für mich ist die nachhaltige Transformation aber zusätzlich noch Herzensthema – da geht es etwa um die Elektrifizierung unseres Fuhrparks. Wir sind außerdem schon früh auf alternative Energieformen umgestiegen, haben Photovoltaikanlagen installiert und produzieren heute einen Großteil unseres Stroms selbst. Bei diesen Schritten unsere Mitarbeiter einzubeziehen, war mir von Anfang an wichtig – und ich freue mich sehr, dass wir für unser Nachhaltigkeitsmanagement gerade erst mit dem deutschlandweiten HR Excellence Award ausgezeichnet wurden.
Wie steht es um die Digitalisierung bei Metzger?
Das Thema treiben wir ebenfalls konsequent voran. Unsere KI-Strategie setzen wir dabei bis 2030 als klaren Innovationspfad um. So wollen wir unser Unternehmen Schritt für Schritt in die nächste technologische Ära zu führen und unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter ausbauen. Wichtig ist: Auch dabei nehmen wir die Mitarbeitenden von Anfang an mit.
Kommt es da auch mal zu Reibungen, wenn Sie Dinge anders machen als Ihr Vater?
Ja, klar! Es herrscht nicht immer Einigkeit. Vor allem, wenn die Ergebnisse der Veränderung nicht sofort, sondern erst in Zukunft sichtbar werden, fällt es manchmal schwer, Neues zu akzeptieren. Gleichzeitig gibt es aber auch Themen, bei denen sich viele freuen, dass wir sie endlich anpacken.
Machen Sie sich bereits Gedanken über Ihre eigene Nachfolge?
Definitiv, ich glaube diese Aufgabe schwingt für jeden Unternehmer ab dem ersten Tag mit. Ich darf für das Unternehmen nicht so wichtig werden, dass es ohne mich nicht funktioniert. Und später will ich auf keinen Fall meine Kinder zu irgendetwas verpflichten. Seit Beginn des Jahres 2025 haben wir einen Geschäftsführer, den wir sukzessive einarbeiten und der die nächsten Schritte mit uns geht. Mir ist wichtig, dass wir die Menschen schon heute mitnehmen und befähigen – und nicht erst an einem bestimmten Stichtag damit anfangen, zum Beispiel, weil ich in den Ruhestand gehe.
Also eigentlich das Gegenteil von Ihrem eigenen Sprung ins kalte Wasser?
Das stimmt, allerdings kannte ich das Unternehmen auch schon durch meine Eltern. Für eine externe Person wäre dieser Sprung wahrscheinlich sehr viel schwieriger gewesen.
Zur Person
Johannes Metzger ist seit dem Jahr 2016 CEO der Spedition Metzger in Neu-Kupfer, Baden-Württemberg. 1945 von Metzgers Großvater gegründet, leitet mittlerweile die dritte Generation das Unternehmen. Bevor Metzger die Nachfolge im Familienbetrieb antrat, studierte er Bwl und Logistik und arbeitete für Unternehmen in München und in Asien.
336.000 Familienunternehmen
wurden in den vergangenen sieben Jahren an die nächste Generation übergeben.
Quelle: Stiftung Familienunternehmen
34 Prozent
der Familienunternehmen planen eine familieninterne Nachfolge.
Quelle: Ifo Institut/Stiftung Familienunternehmen
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