Möbel, Mode und mehr aus Meeresplastik
In den Ozeanen der Welt schwimmen Unmengen an Plastik. Und jedes Jahr kommt mehr dazu. Es gibt aber auch immer mehr Start-ups, die etwas dagegen tun. Sie sammeln das Plastik aus dem Meer und machen daraus Nützliches: Kleidung, Verpackungen und sogar Möbel.
Bis zu 20 Jahre dauert es, bis sich eine Plastiktüte im Meer zersetzt, bei einer PET-Flasche sogar 450 Jahre. Die Naturschutzorganisation WWF schätzt, dass aktuell etwa 80 bis 150 Millionen Tonnen Plastik in den Ozeanen schwimmen. Das sorgt nicht nur für vermüllte Küsten und meterbreite Müllstrudel. Auch Tiere leiden unter den Abfällen: Fische halten Mikroplastik für Beutetiere, Schildkröten verfangen sich in Seilen und Netzen. Die spanischen Geschwister Amaia und Julen Rodríguez wollten dabei nicht weiter tatenlos zusehen und gründeten im Jahr 2020 Gravity Wave. Das Start-up aus Alicante macht Möbel und andere Gegenstände aus recycelten Fischernetzen – und wird dabei bereits von mehr als 7.000 Fischern aus vier Ländern unterstützt.
„Ich hatte noch nie so viel Müll auf einmal gesehen“
Als Amaia Rodríguez gegen Ende ihres Wirtschaftsstudiums durch Asien reiste, war sie beeindruckt von der Schönheit der kilometerlangen Sandstrände Thailands, Malaysias und Indonesiens. Zugleich war sie aber geschockt von den ebenso langen Müllansammlungen, die sich selbst auf unbewohnten Inseln entlang der Küste erstreckten. „Ich hatte noch nie so viel Müll auf einmal gesehen“, erinnert sich die 32-Jährige heute.
Zurück in Spanien überlegten sie und ihr fünf Jahre jüngerer Bruder Julen, was sie gegen die Plastikflut tun könnten. Sie stellten fest: Für PET-Flaschen und Plastiktüten gab es schon funktionierende Kreisläufe. Woran sich jedoch kaum ein Recyclingunternehmen traute, waren alte Fischernetze. Die Firmen befürchteten, dass die Netze beim Schreddern ihre Maschinen blockieren oder beschädigen könnten.
Monatelang prüften die Geschwister, wie sich die Netze doch weiterverwerten ließen. „Uns war es wichtig, daraus etwas Langlebiges zu schaffen – und etwas, das pro Stück mehr als nur ein paar hundert Gramm Meeresplastik enthält“, sagt Amaia. Die Entscheidung fiel schlussendlich auf Paneele für Tische, Stühle und Bänke. Ihr Vorteil: Sie lassen sich zu hundert Prozent aus alten Fischernetzen herstellen. In einem 40 Kilogramm schweren Schreibtisch stecken also 40 Kilogramm Meeresplastik. Das überzeugte auch eine Recyclingfirma in Valencia, die sich bereit erklärte, die Netze zu zerkleinern.
Meeresplastik: vom Fischernetz zum Tisch
Inzwischen sammeln traditionelle Fischer aus Spanien, Italien, Griechenland und Ägypten den Rohstoff für die Produkte von Gravity Wave. Jedes Mal, wenn sie aufs Meer hinausfahren, bringen sie zerrissene Fischernetze zurück. Die meisten gehörten industriellen Fangflotten, die die defekten Netze oft einfach zurückließen, statt sie mitzunehmen und zu reparieren. So landen sie in den Netzen der Kleinfischer, die diese mit in den Hafen bringen und in die Container von Gravity Wave werfen. Das Unternehmen holt die Netze dort ab, befreit sie von Muscheln und anderen Rückständen und liefert sie in die Recyclinganlage. Spezielle Industriemaschinen mahlen das Material, formen es zu kleinen Filamenten und pressen es anschließend zu Paneelen, die zum Beispiel für Pavillons, Messestände oder Ladeneinrichtungen verwendet werden. Seit Ende 2023 stellen Amaia und Julen darüber hinaus aus den alten Fischernetzen auch Pellets her, die von Unternehmen in großen Mengen gekauft und weiterverarbeitet werden.
In vielen Unternehmen, Behörden und vor allem spanischen Städten stehen nun türkisfarbene Bänke des Start-ups. Und auch die meterhohen Plastikbuchstaben an der Strandpromenade des Küstenstädtchens Calpe, dem Gründungsort des Unternehmens, kommen von Gravity Wave. Bis heute hat das Unternehmen 1.100 Tonnen Plastik aus den Meeren und Häfen des Mittelmeers gefischt und davon rund 440.000 Kilo in nützliche Materialien für die Kreislaufwirtschaft umgewandelt. Zuletzt statteten die Rodríguez-Geschwister den gesamten Spanien-Pavillon auf der Weltausstellung Expo 2025 im japanischen Osaka aus.
Kritik am Recycling von Meeresplastik
Recyclingexperten wissen jedoch, dass nicht jedes Produkt aus oder mit recyceltem Meeresplastik automatisch nachhaltig ist. „Jedes Kilo Plastik, das nicht mehr im Meer schwimmt, ist ein Gewinn“, sagt zum Beispiel Kai Nebel, Leiter des Forschungsschwerpunkts Nachhaltigkeit und Recycling an der Hochschule Reutlingen und ergänzt. „Dass Produkte aus Meeresplastik wirklich zum Schutz der Meere beitragen, ist bis heute nicht bewiesen.“ Das Problem: Nur ein Bruchteil des im Wasser schwimmenden Plastiks eignet sich überhaupt zum Recycling, etwa PET-Flaschen und Fischernetze.
Textilreste dagegen sind nur schwer bis gar nicht weiterverwertbar, da sie aus vielen verschiedenen Materialien bestehen. Um sie zu recyceln und daraus neue Produkte herzustellen, müssten die Stoffe erst einmal in chemischen Prozessen voneinander getrennt werden. „Das würde weit mehr Aufwand und Energieeinsatz erfordern, als die Produkte aus neuen Rohstoffen herzustellen – mit Nachhaltigkeit hat dies nichts zu tun“, sagt Nebel.
Auch Gilian Gerke, Professorin für Ressourcenwirtschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal, steht Produkten aus Meeresplastik eher skeptisch gegenüber. „Sie können zwar das Bewusstsein für die Verschmutzung der Meere wecken, sie sind aber nicht die Lösung des Problems“, sagt sie. Vor allem, weil viele Unternehmen darin vorrangig eine grüne Marketingmaßnahme sehen würden. Die Expertin rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, bei Produkten aus Meeresplastik genau darauf zu achten, wie viel recyceltes Material wirklich drinsteckt und woher es stammt. „Manche Unternehmen behaupten zwar, sie würden Meeresplastik nutzen, verwenden dann aber doch nur an Küstenregionen eingesammelte PET-Flaschen.“
Immerhin: Einen negativen Einfluss auf die Ozeane hat das Herausfischen von Plastik aus dem Meer laut Gerke nicht. „Zwar bilden sich an alten Flaschen und anderen Plastikteilen relativ schnell Muscheln, die sterben, wenn man sie aus dem Meer holt“, sagt sie. „Aber die Auswirkung auf das gesamte Ökosystem ist dann doch eher klein.“
60 Prozent
des gesamten Mülls in den Weltmeeren besteht aus Plastik.
Quelle: Alfred-Wegener-Institut
12 Millionen Tonnen
(bis zu) Plastikmüll gelangen jedes Jahr in die Weltmeere.
Quelle: Jenna Jambeck et al.

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