Rohöl aus der Plastikflasche
Das Unternehmen Biofabrik entwickelt seit nunmehr zehn Jahren innovative Technologien in den Bereichen Green Chemicals und Waste to Energy. Aktuell besonders gefragt, die Mini-Recyclinganlage im Container: Sie wandelt Plastik in Rohöl um. Aus einem problematischen Reststoff wird so ein wertvoller Rohstoff.
Abfall, überall Abfall. Meterhoch türmte er sich in den Hinterhöfen. Auf einer Motorradreise durch Indien im Jahr 2011 sah Oliver Riedel, was Plastikmüll für die Dritte Welt bedeutet. „Niemand kommt auf die Idee, Plastikflaschen im Laden zurückzugeben oder den Müll in eine Verbrennungsanlage zu fahren – diese Angebote gibt es in Indien nicht“, sagt Riedel. Die Erfahrung hat den Dresdner nachhaltig gestimmt: Nach seiner Rückkehr gründete er die Biofabrik, ein Start-up, das sich neben dem Recycling im Containerformat auch auf die Herstellung und dem Vertrieb von organischem Dünger spezialisiert hat.
Plastikmüll ist das Problem unserer Zeit. Die globale Kunststoffproduktion hat in nur wenigen Jahrzehnten exponentiell zugenommen. Während in den 1950er-Jahren weltweit nur knapp 1,5 Millionen Tonnen Kunststoff pro Jahr produziert wurden, ist die Menge bis 2019 auf fast 400 Millionen Tonnen gewachsen. Doch mit dem Produktionsvolumen steigt automatisch auch die Menge der Kunststoffabfälle: Allein in Deutschland waren es im Jahr 2019 fast 6,3 Millionen Tonnen. Ein großer Teil davon wird ins Ausland exportiert, im Jahr 2020 waren es eine Million Tonnen. Immerhin kommt Deutschland auf eine Recyclingquote von 55 Prozent – kein Land der Welt recycelt mehr Kunststoff. Weltweit betrachtet liegt die Recyclingquote von Plastikverpackungen bei nur neun Prozent.
Riedel wäre nicht der Visionär, der er ist, wenn er nach seiner Indien-Reise nicht damit begonnen hätte, mit seiner Firma Biofabrik nach einer Lösung für das Plastikproblem zu suchen. Dabei schwebte ihm eine Anlage vor, die Kunststoffabfälle in synthetisches Rohöl umwandelt. Gemeinsam mit einem Team von Ingenieuren schaute er sich nach bestehenden Recyclingtechnologien für Plastikmüll um. „Es gab gewisse Kriterien, die die Anlage erfüllen sollte“, sagt Riedel und listet auf: Sie sollte einfach zu bedienen sein. Aus einem Kilo Plastik sollte ein Liter Öl gewonnen werden. Der Wirkungsgrad der Anlage sollte auch bei geringem energetischem Eigenbedarf noch bei mehr als 80 Prozent liegen. Doch keine Technologie auf dem Markt überzeugte die Experten der Biofabrik. „Die Anlagen waren entweder zu groß oder zu teuer. Also begannen wir im Jahr 2013, selbst eine Anlage zu entwickeln“, so Riedel.
Kein leichtes Unterfangen, wie sich herausstellte. Erst sechs Jahre später stellte die Biofabrik die ersten Prototypen der chemischen Container-Recyclinganlage vor: WASTX Plastic. Die Technologie, die in der Recyclinganlage steckt, ist raffiniert, die Nutzung jedoch umso einfacher: Nachdem der Anwender die Containertür geöffnet hat, wirft er die Plastikabfälle in einen Schacht, an dessen Ende die Kunststoffabfälle zunächst geschreddert werden. In einem Tagessilo wird das Material anschließend zwischengespeichert und über einen vollautomatischen Fördermechanismus in einen Reaktor transportiert. Ein spezielles Verfahren spaltet das Material bei hohen Temperaturen auf. Im nächsten Schritt kondensiert der so entstandene Öldampf über mehrere Stufen zu Rohöl. Immerhin eine Tonne des wertvollen Rohstoffs produziert ein einzelner Container auf diese Weise pro Tag.
Für die weitere Nutzung des gewonnenen Rohöls gibt es mehrere Möglichkeiten: Es kann zum Beispiel in einer Raffinerie in Treibstoff umgewandelt werden, über einen Generator für die lokale Stromversorgung sorgen oder als Vorprodukt zurück in die Plastikproduktion fließen. „Bei uns muss sich der Kunde keine Gedanken machen, wohin er das erzeugte Rohöl verkauft“, sagt Riedel und spricht einen weiteren Geschäftszweig seines Unternehmens an: „Anwender, die das Rohöl in Treibstoff umwandeln wollen, vermitteln wir an lokale Raffinerien.“
Die Nachfrage nach der Recyclinganlage im Miniformat ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Wachsendes Interesse zeigen zum einen jene Unternehmen, die ihren „Grünen Daumen“ entdecken und sich beim Dresdner melden, weil sie ihre Plastikabfälle recyceln wollen. Und zum anderen treibt die aktuelle Entwicklung auf dem Energiemarkt das Interesse an „Waste to Energy“ an: Unternehmen schicken ihre Experten zur Biofabrik, weil sie sich für die alternative Gewinnung von Rohöl interessieren, einem wertvollen Rohstoff, der vielfältig einsetzbar ist und die Abhängigkeit vom Gas reduziert.
Mittlerweile sind auch weltweit agierende Konzerne auf Biofabrik aufmerksam geworden, zum Beispiel Shell, Aramco oder BASF. Viele von ihnen haben sich dazu verpflichtet, in naher Zukunft nachhaltige Lösungen zu liefern und bis 2025 eine Million Tonnen Recycling-Öl zu verarbeiten. Riedel hat also zum richtigen Zeitpunkt auf die richtige Technologie gesetzt. „Als wir vor zehn Jahren mit der Entwicklung begonnen haben, war diese Art von Recycling noch kein großes Thema. Jetzt haben wir einen Vorsprung, denn unsere Entwicklung ist einsatzbereit“, so der Biofabrik-CEO. Er ist optimistisch, dass sich seine Containerlösung auf dem Recyclingmarkt durchsetzen wird. Immerhin: Im Vergleich zum Jahr 2020 hat sich der Umsatz der Biofabrik bereits verzehnfacht.
Tendenz weiter steigend. Das Müllproblem in Indien konnte Riedel mit seiner Mini-Recyclinganlage zwar noch nicht lösen. Aber in England und Australien wurden bereits die ersten Container in Betrieb genommen. Bis Ende des Jahres 2022 ist die Auslieferung für weitere 30 Länder, darunter Nigeria und Singapur geplant, sagt der Biofabrik-Gründer. Der Anfang ist gemacht.
100+ Prozent
Zunahme der jährlichen Menge an Kunststoffabfall weltweit in den vergangenen zwei Jahrzehnten.
Quelle: OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development)
9 Prozent
des weltweiten Plastikmülls werden recycelt.
Quelle: OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development)
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