Wärmetauscher in der Dusche
Wer Wasser und Energie sparen will, badet nicht. Er duscht. Neue technische Lösungen – von der kompletten Kreislaufdusche bis zur minimalinvasiv nachrüstbaren Wärmerückgewinnung – sorgen dafür, dass dies nun mit einem noch besseren Gewissen möglich ist.
Wie duscht man auf dem Mars? Dieser Frage stellte sich die NASA Anfang der 2010er-Jahre in ihrem Forschungsprojekt Journey to Mars. Die Antwort des schwedischen Industriedesigners Mehrdad Mahdjoubi: Er entwickelte gemeinsam mit der US-Raumfahrtbehörde und der Universität Lund eine Kreislaufdusche, die mit gerade einmal fünf bis zehn Litern Wasser für zehn Minuten Duschzeit auskommt – üblich sind sonst 100 Liter.
Der Trick: Das Wasser bleibt im System und wird wieder aufbereitet. Dabei prüft ein Sensor kontinuierlich die Verschmutzung. Stark verunreinigtes Wasser wird in den Abfluss geleitet. Der Großteil verbleibt jedoch im Kreislauf. Er wird mehrfach gefiltert und gereinigt, unter anderem mit UV-Licht, am Ende wieder auf Temperatur gebracht und rieselt dann erneut durch die Duschbrause auf uns herab. Die Kreislaufdusche spart laut Hersteller nicht nur bis zu 90 Prozent Wasser ein, sondern auch bis zu 80 Prozent Energie.
Wasser und Energie sparen hat seinen Preis
Mahdjoubi und sein in Malmö beheimatetes Unternehmen Orbital Systems waren die ersten, die 2012 eine Kreislaufdusche für den Einbau im Badezimmer zur Marktreife brachten. Mittlerweile hat auch die deutsche Marke Grohe ein solches Produkt im Sortiment. Orbital Systems wendet sich an Privatleute und explizit an gewerbliche Kunden, zum Beispiel an Hotels. Gäste achten dort in der Regel nicht so sehr auf Ressourcen wie im eigenen Zuhause, wo Wasser- und Stromzähler gut sichtbar im Keller laufen und regelmäßig abgelesen werden müssen.
Wärme aus dem Duschwasser
Wer künftig nachhaltiger duschen will, muss aber nicht gleich eine Weltraumdusche einbauen. Es genügt, auf Systeme mit Wärmerückgewinnung zu setzen, etwa Duschrinnen mit Wärmetauscher. Duschwasser hat in der Regel eine Temperatur von rund 40 Grad und ist erst um wenige Grad abgekühlt, wenn es im Abfluss landet. Nun kommt der Wärmetauscher ins Spiel: Dabei fließt Frischwasser durch ein Kupferrohr, das sich direkt über dem beziehungsweise im Abflussrohr selbst befindet.
Die Wärme des Abwassers überträgt sich auf das Kupfer, das Kupfer wiederum gibt die Wärme an das rund zehn bis zwölf Grad kühle Frischwasser ab. Das nun erwärmte Frischwasser wird dann entweder zur Warmwasserbereitung oder in die Mischbatterie geleitet. Um eine Duschtemperatur von 40 Grad zu erreichen, muss dort weniger heißes Wasser beigemischt werden als zuvor beziehungsweise das Aufheizen des bereits vorgewärmten Wassers benötigt weniger Energie.
Steffen Nittbaur ist von diesem Prinzip überzeugt. Das muss er auch sein, schließlich vertreibt er in Deutschland mit seinem Unternehmen Unocconi Duschrinnen mit Wärmetauscher, die das Schweizer Unternehmen Joulia entwickelt hat. Sein Credo: „In der Dusche liegt viel ungehobenes Effizienzpotenzial. Bevor wir über Verzicht und damit kürzeres und kälteres Duschen reden, sollten wir dieses Potenzial heben“, sagt er.
Dusche mit Wärmetauscher: Bis zu 60 Prozent Ersparnis sind drin
Grundsätzlich funktioniert das Wärmetauscher-Prinzip mit jeder Art der Warmwassererzeugung, auch in Durchlauferhitzer kann das vorgewärmte Frischwasser geleitet werden. Wie viel Geld man mit einer solchen Duschrinne sparen kann, hängt von der Art der Warmwasserbereitung im Haushalt und von den persönlichen Duschgewohnheiten ab.
Ein Rechner auf der Website von Unocconi gibt erste Orientierung: So spart ein Zwei-Personen-Haushalt mit Durchlauferhitzer rund 406 Euro und 368 kg CO2 pro Jahr – zumindest bei einem Strompreis von 48 Cent pro Kilowattstunde und einer täglichen Dusche von neun Minuten pro Person. Laut Umweltwissenschaftler Nittbaur amortisieren sich die Mehrkosten, die für eine Duschrinne mit Wärmetauscher im Vergleich zu einer konventionellen Duschrinne anfallen, innerhalb von gut vier Jahren.
Für 2.600 Euro bietet sein Unternehmen das günstigste Modell der Marke Joulia aktuell an – er geht davon aus, dass der Preis bei größerer Nachfrage und dann höheren Produktionszahlen sinken wird. Dafür sind die Duschrinnen bereits jetzt vom DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches) zertifiziert – ein wichtiges Argument in Deutschland, denn Handwerker verbauen aus Haftungsgründen vorzugsweise zertifiziertes Material. Das System hat jedoch einen Nachteil: Wer nachträglich eine Duschrinne mit Wärmetauscher installieren will, muss größere Umbauarbeiten in Kauf nehmen.
Es geht auch ohne Badsanierung – der Plattenwärmetauscher
Eine Lösung für alle, die weder einen Neubau noch eine Badsanierung planen oder die zur Miete wohnen, hat das Start-up Warmduscher in petto. Das Hannoveraner Unternehmen bietet zwar mittlerweile Duschwasser-Wärmetauscher in allen möglichen Formen und Variationen an. Aber gestartet ist Gründer Oliver Baum mit einem Plattenwärmetauscher, den man in die Dusche legen kann und über Schläuche an die Mischbatterie anschließt. Die Idee dazu kam dem Ingenieur – wie könnte es auch anders sein? – beim Duschen.
Nicht nur Privathaushalte gehören zu Baums Käufern. „Einer unserer zufriedenen Kunden ist ein Fußballverein: Dort können jetzt abends nach dem Training alle vier Mannschaften nacheinander warm duschen – zuvor war das Warmwasser schon nach zwei Teams verbraucht“, sagt Baum. Auch Fitnessstudios, die in bereits vorhandene Räumlichkeiten einziehen, deren Warmwasserbereitung zu klein dimensioniert ist, profitieren von den Einsparmöglichkeiten der Wärmetauscher.
Egal ob Festeinbau oder Mattenvariante, einig sind sich sowohl Baum als auch Nittbaur bei einer Sache: „Wärmerückgewinnung allein wird den Planeten nicht retten. Aber unser Ziel ist es, dass die Systeme künftig ganz selbstverständlich im Toolset für energieeffizientes Bauen vorkommen“, sagt Nittbaur. In diesem Zusammenhang weist Baum auf einen wichtigen Punkt hin: „Mittlerweile kann die Duschwasserwärmerückgewinnung auch im Gebäudeenergiegesetz-Nachweis berücksichtigt werden.“ Das kann bares Geld in Form von finanzieller Förderung bedeuten.
43 Grad Celsius
beträgt die höchste Wassertemperatur, die das Wasser an Wasch- und Duschplätzen laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Unternehmen haben darf – so sollen Verbrennungen vermieden werden.
Quelle: Technische Regeln für Arbeitsstätten
3.500 Euro
pro Quadratmeter kostet eine Badsanierung in Deutschland im Durchschnitt.
Quelle: Schwäbisch Hall
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