Utrechts neues Grünviertel
Autofrei, klimafreundlich, bezahlbar – für rund fünf Milliarden Euro entsteht in Utrecht ein neues Stadtviertel. Ab 2025 ziehen die ersten Bewohner ein.
Utrechts neues Stadtviertel Merwede soll vor allem grün sein. Anstelle von Autostraßen und Parkflächen gibt es viel Natur und zahlreiche öffentliche Plätze. Entlang des Kanals etwa, wo ein langgestreckter Park zum Flanieren und Verweilen einlädt. Zudem ist in jedem Stadtblock ein Innenhof mit Garten vorgesehen. „Und auch die Dächer werden begrünt“, erzählt Emirto Rienhart, der Projektkoordinator des neuen Utrechter Stadtteils.
Mit den Bauarbeiten zu Utrechts grüner Mitte könnte es bereits Ende 2023 losgehen. „Hinsichtlich des Flächennutzungsplans stehen noch ein paar städtische Entscheidungen aus“, sagt Rienhart. Zudem sollen noch Ideen und Anregungen der Bewohner berücksichtigt werden, die diese bis Ende des ersten Quartals 2023 einreichen konnten. Der Umfang des Bauprojekts ist aber auch so schon beachtlich: In den nächsten zehn Jahren sollen auf dem ehemaligen Industriegelände rund 200 neue Gebäude für insgesamt 10.000 Bewohner entstehen. Kostenpunkt: etwa fünf Milliarden Euro.
Ein Stadtviertel wie aus einem Guss
Die Idee, auf dem Gelände des Gewerbegebiets Merwede einen ganz neuen, einheitlichen Stadtteil zu schaffen, entstand vor ungefähr sieben Jahren. Marco Broekman, Stadtplaner und Inhaber des Amsterdamer Architekturbüros BURA Urbanism, war damals mit der Erstellung eines städtebaulichen Konzepts für nur einen Teil des Gewerbeparks beauftragt. Sein Entwurf stieß bei den damaligen Bauherren auf so positive Resonanz, dass er später den Auftrag für die Planung des gesamten Stadtteils erhielt. „Das Besondere an dem Projekt war, dass sich von Anfang an private Eigentümer und die Stadt zusammengeschlossen haben“, sagt Broekman. „Dank der intensiven Zusammenarbeit können wir nun ein großes integriertes Gebiet planen und realisieren – das wäre mit vielen Einzelprojekten so gar nicht möglich.“
Nach Broekmans Konzept werden die einzelnen Areale in Merwede aus robusten Stadtblöcken bestehen, die sich jeweils aus mehreren Gebäuden zusammensetzen. Dabei achtet der Architekt auf unterschiedliche Gebäudehöhen und zurückspringende Fassaden. „Menschen haben Schwierigkeiten, sich mit hohen, geraden Wänden zu identifizieren – sie fühlen sich nicht wohl dazwischen“, sagt er und ergänzt: „Die unterschiedlichen Höhen schaffen außerdem durchlässige Bereiche und bringen mehr Luft ins Quartier.“
Kein Platz für Autos
Besonders zukunftsweisend ist das Mobilitätskonzept von Merwede: Supermärkte, Läden, Restaurants, Ärzte, Kitas und Schulen – nach dem Konzept der „kurzen Wege“ wird alles fußläufig erreichbar sein. Autos wird man im Viertel nur in Ausnahmefällen begegnen. Es gibt keine Straßen für Pkws oder Lkws. Stattdessen werden die Anwohner auf einem der vielen Rad- und Wanderwege, die über den Merwede-Kanal führen, ins Stadtzentrum pendeln. Gleich zwei neue Brücken sorgen dafür, dass sie keine großen Umwege in Kauf nehmen müssen.
Und auch Parkplätze wird man im Viertel meist vergeblich suchen: Nur jedem dritten Haushalt wird eine Stellfläche zur Verfügung stehen, rechnet Projektkoordinator Rienhart vor. Diese befinden sich in den Tiefgaragen am Rande des Stadtteils. Eine Idee, die auch Städteplaner Broekman begeistert: „Autos stehen 80 bis 90 Prozent der Zeit still und nehmen nur Platz weg“, sagt er. „Doch wo Autos fehlen, müssen Fahrradstellplätze leicht zugänglich sein“, ergänzt er. In Merwede soll es deshalb anstelle von tristen gepflasterten oder betonierten Parkflächen künftig reichlich Abstellfläche für Fahrräder geben. Insgesamt 21.500 Radparkplätze sind für ganz Merwede vorgesehen – gut verteilt über das gesamte Viertel.
An jene Anwohner, die zwischendurch doch einmal schwere Lasten transportieren oder längere Wege zurücklegen müssen, haben die City-Planer ebenfalls gedacht: Um möglichst vielen Bewohnern Zugang zum Carsharing zu ermöglichen, hat die Stadt Utrecht gemeinsam mit den Projektentwicklern ein städtisches Mobilitätsunternehmen gegründet. Rund 250 Fahrzeuge werden zur Flotte der Mobility Company gehören, daneben auch normale Fahrräder, E-Bikes, E-Hochgeschwindigkeitsfahrräder, Lastenräder und kleine Elektrofahrzeuge für den Transport. Auch hier gilt: Um die Wege kurz zu halten, soll Carsharing an verschiedenen Orten im Stadtviertel angeboten werden.
Unterirdische Wasserspeicher kühlen im Sommer
Ein weiteres Highlight des neuen Viertels ist seine Energieneutralität. „Hierfür wird unter dem Gelände ein großer unterirdischer Wärme- und Kältespeicher eingerichtet – es ist der größte der Niederlande“, erklärt Projektkoordinator Rienhart. Zum Heizen und Kühlen wird sowohl Grundwasser als auch das Wasser aus dem angrenzenden Merwede-Kanal genutzt. Das energetische Prinzip ist einfach: Im Sommer wird das Grundwasser zur Kühlung der Gebäude eingesetzt. Gleichzeitig wird das durch die Sonne erwärmte Kanalwasser gespeichert, um es im Winter zum Heizen zu verwenden. Auch die Dachflächen der Gebäude leisten einen Beitrag zum Energiekonzept: 50 Prozent aller Dächer werden mit Solarmodulen ausgestattet.
Doch Merwede soll nicht nur ein nachhaltiges, sondern auch ein soziales Viertel werden. Um einkommensschwachen Haushalten ein Leben im neuen Stadtteil zu ermöglichen, liegt der Anteil der Sozialwohnungen bei immerhin 30 Prozent. Weitere 25 Prozent der Miet- und Eigentumswohnungen werden im mittleren Segment angesiedelt. Wohnungen, die zwischen 55 und 70 Quadratmeter groß sind, sollen dann monatlich für etwa 1.000 Euro zu mieten sein. Ein Seniorenzentrum und ein Nachbarschaftskulturhaus sorgen zudem dafür, dass Jung und Alt, Familien und Singles einen Platz finden.
Wenn der neue Stadtteil Merwede in ungefähr zehn Jahren komplett fertig ist, möchte Projektkoordinator Rienhart „erst einmal in Ruhe durch die Straßen schlendern“. Dann wird er auf einem der begrünten Communityplätze in Ruhe einen Cappuccino trinken können. Aber bis dahin hat er noch alle Hände voll zu tun. Immerhin: An manchen Ecken des ausgedienten Gewerbegebiets haben die Abrissarbeiten bereits begonnen.
6.000 Wohnungen
entstehen im Viertel Merwede.
Quelle: Stadt Utrecht
24 Hektar
misst das neue Quartier Merwede – das entspricht der Größe von fast 34 Fußballfeldern.
Quelle: Stadt Utrecht
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