Das Bau-Experiment: Neues vom Hanfhaus
In Hamburg kennt inzwischen jeder die Gifaldis, die Familie mit dem Hanfhaus. Jetzt geht das experimentelle Bauprojekt in die nächste Phase. Lesen Sie im zweiten Teil des Hanfhaus-Reports, warum die Gifaldis auch bei Putz und Innenausbau auf Hanf und Kalk setzen. Und mit welchem ungewöhnlichen Baumaterial die Küchenplanung zum Experiment wird.
Wer ein Haus aus Hanf baut, bekommt es mit einigen ungewöhnlichen Begleiterscheinungen zu tun. Bei Familie Gifaldi am Hamburger Hanfstieg zum Beispiel standen zuletzt regelmäßig Fernsehteams und Reporter mit auf der Baustelle: NDR und RTL waren da, das Hamburger Abendblatt, die Morgenpost. Sogar bis in die Tagesschau hat es das experimentelle Bauprojekt geschafft. Die Bauherren Birte und Gordon Gifaldi freuen sich über die Aufmerksamkeit für ihr nachhaltiges Bauprojekt. „Das zeigt, wie viele Menschen sich für neue, nachhaltige Ideen beim Hausbau interessieren“, sagt Gordon Gifaldi.
Die nächsten Bauschritte beim Hanfhaus
Jetzt aber wollen sie sich erst einmal auf die nächste Bauphase konzentrieren. Schließlich möchte die Familie gemeinsam mit ihren sieben- und neunjährigen Söhnen und mit Birte Gifaldis Eltern schon im Herbst in das nachhaltige Mehrgenerationenhaus einziehen. „Über den Winter hat sich wegen des nasskalten Wetters leider einiges auf der Baustelle verzögert“, berichtet Gordon Gifaldi. Jetzt im Frühjahr aber geht es endlich weiter: Fenster und Dach werden fertiggestellt und die Handwerker für den Bau der geplanten Erdwärmepumpe, den Leitungsbau und die Fußböden stehen in den Startlöchern. „Jetzt passiert endlich wieder was!“
Nachhaltiger Kalkputz
Nachdem der Rohbau mit den Hanf-Kalk-Bausteinen bereits eine hervorragende Ökobilanz aufweist, setzen die Gifaldis nun auch bei den weiteren Ausbau-Schritten auf Nachhaltigkeit. Schritt 1: Wer mit Hanf-Kalk-Steinen mauert, braucht anschließend auch einen passenden Putz für außen und innen. „Wenn wir klassischen Gipsputz verwenden würden, würde der Baustoff Hanf einige seiner Vorteile verlieren“, erklärt Gordon Gifaldi. Denn die Hanfbausteine sind diffusionsoffen. Das bedeutet, dass sie für eine gute Feuchtigkeitsregulierung sorgen, für ein gesundes und angenehmes Raumklima. Wer die Hanfsteine dann aber mit zementhaltigem Putz verkleidet, macht diesen Effekt zum größten Teil wieder zunichte.
Die Lösung: Kalkputz. „Wir mussten ein bisschen suchen, bis wir Handwerker gefunden haben, die sich darauf spezialisiert haben“, berichten die Bauherren. Dafür war der ausgewählte Handwerksbetrieb aber gleich Feuer und Flamme, sich am Verputzen der ungewöhnlichen Bausteine auszuprobieren. Innen möchte die Familie aber Teile der Wände ganz unverputzt lassen, als Hingucker an prominenten Stellen in den Wohnräumen: „Es wäre doch schade, wenn man unsere Hanfsteine gar nicht mehr sieht.“
Kreative Innenarchitektur mit Hanf und Kalk
Während die Maler im Innen- und Außenbereich mit einer besonderen Kalkfarbe arbeiten, berichtet Gordon Gifaldi, dass der Fußboden mit einem Korkboden in einem natürlichen Eicheton verkleidet wird, der die wärme- und feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften des Hanf-Kalks unterstützt. Als Nachteil empfindet er es nicht, dass der Hanfbau nun die Auswahl der in den nächsten Bauschritten verwendeten Materialien einschränkt. „Unser Ziel ist ohnehin, dass das gesamte Haus zu möglichst großen Teilen später recycelbar ist“, erklärt er. „Mit den Materialien, die wir benutzen, wollen wir keinen Sondermüll produzieren.“ Nun sei das Gegenteil der Fall: „Im Prinzip könnten große Teile des Hauses irgendwann einmal auf den Kompost“, scherzt Gifaldi. Denn die meisten Materialien sind weitgehend biologisch abbaubar.
Wer mit Hanf baut, braucht keine Dübel
Abseits von solchen Zukunftsüberlegungen bietet das Hanf-Mauerwerk manchen ganz praktischen Vorteil, sagt Gifaldi: „Unsere Fensterbauer zum Beispiel können die Verschraubung direkt ohne weitere Hilfsmittel in den Steinen verankern.“ Auch wenn die Gifaldis selbst später etwas an den Wänden montieren wollen, gilt: Dübel werden nicht gebraucht. Denn die Hanfbausteine bieten eine hohe Festigkeit und sind so porös, dass man Schrauben direkt im Mauerwerk verankern kann.
Während das Frühjahr nun also im Zeichen von Verputz-, Fenster- und Dacharbeiten und dem Wärmepumpeneinbau steht, freut sich die Familie schon auf die nächsten Bauphasen im Sommer: Dann stehen der Innenausbau und das Einrichten an. „Wir wollen den Charakter des Hauses auch bei der Einrichtung unterstreichen“, verraten die Gifaldis schon einmal. Hanfseile als Garderobe, Hanfteppiche und Vorhänge aus Hanfstoff stehen bereits auf der Einkaufsliste.
Nachhaltiger Küchenbau mit Linoleum
Ein Highlight soll die offene Wohnküche werden. „Wir planen eine Küche mit Fronten in Naturtönen aus Linoleum“, berichtet Gordon Gifaldi. Damit entscheidet die Familie sich ein weiteres Mal für einen ungewöhnlichen, aber sehr nachhaltigen Baustoff. Linoleum, das sonst vor allem als langlebiger Bodenbelag zum Einsatz kommt, besteht fast vollständig aus natürlichen Rohstoffen wie Leinöl, Naturharzen, Holz- und Korkmehl, Jute oder Kalk. Damit erfüllt er die wichtigsten Kriterien der Familie: Er ist umweltfreundlich und lässt sich recyceln. „Vor allem aber wird das alles sehr gut aussehen“, sagt Gifaldi voraus.
Ein arbeitsreicher, aber auch spannender und kreativer Teil des Bauprozesses liegt nun vor der Familie. Das Endergebnis zeigen wir Ihnen im Herbst im letzten Teil des Hanfhaus-Reports.
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