Auf dem Weg zum grünen Rechenzentrum
Die Finanzwirtschaft sollte einen Beitrag leisten, das Wachstum der digitalen Infrastruktur umweltverträglich zu gestalten
Immer mehr Daten, immer mehr Anwendungen: Die Digitalisierung unseres täglichen Lebens stellt unweigerlich wachsende Anforderungen an die digitale Infrastruktur. Anwendungen wie die große weite Welt der sozialen Medien, Cloud Computing, Industrie 4.0 oder Künstliche Intelligenz führen zu einem exponentiellen Wachstum der Datenmengen, der Datenverarbeitung und damit der Datenspeicherung. Neben Glasfasernetzen und Mobilfunkstandorten spielen dabei vor allem leistungsfähige Rechenzentren (Data Center) die zentrale Rolle. Dadurch ist ein Markt entstanden, der für Eigen- und Fremdkapitalgeber attraktive Finanzierungsopportunitäten bietet. Zugleich aber stehen die Betreiber von Datennetzen und Rechenzenten vor der Herausforderung, den ökologischen Footprint trotz wachsender Datenmengen stetig zu reduzieren.
Aktuell und in den kommenden Jahren fließen weltweit große Summen in den Ausbau der Glasfasernetze und der Rechenzentren, die die Lebensadern und Knotenpunkte im Informationsnetz des 21. Jahrhunderts bilden. Insbesondere in Deutschland gibt es noch großen Nachholbedarf und damit entsprechend hohes Wachstumspotenzial. Die Industrieverband FTTH Council Europe erwartet, dass die Zahl der Haushalte mit verfügbarem Glasfaseranschluss in Europa (EU38 und Großbritannien) von 204 Millionen im Jahr 2020 auf 302 Millionen im Jahr 2026 steigen wird. Für Deutschland geht der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) davon aus, dass der Anteil der Glasfaseranschlüsse, der Mitte 2022 bei 26 % lag, bis 2025 auf eine Abdeckung von 40 bis 53 % steigen wird. Dabei werden der Bandbreitenbedarf und das Datumvolumen weiter deutlich zunehmend, denn auch die stetig wachsende Menge von Mobilfunkdaten der Generationen 4G und 5G werden zum großen Teil über Glasfasernetze und Rechenzentren geleitet.
Bei den Rechenzentren war der Standort Deutschland mit rund 487 Einheiten (2022) die Nummer zwei weltweit, wenngleich weit hinter den USA, wo 2.701 Rechenzentren betrieben wurden. Dabei sind verschiedene Typen von Data Center zu unterscheiden. Große, internationale Infrastrukturanbieter wie etwa der US-Konzern Equinix oder die japanische NTT konzentrieren ihre Investitionen eher auf Großanlagen mit Tausenden von Servern („Hyperscale Data Centers“) und vermieten ihre Kapazitäten bevorzugt an große Software- und Kommunikationskonzerne wie Microsoft, Google oder Vodafone. Von wachsender Bedeutung sind zudem sogenannte Colocation Facilities, die ihren Kunden in unterschiedlichen Ausprägungen für deren IT eine professionelle Infrastruktur oder ganze Rechenzentren auf Miet- oder Leasingbasis zur Verfügung stellen. Als Treiber des Marktes für Rechenzentren gelten - in Deutschland ebenso wie in anderen europäischen Ländern – der Trend zum Outsourcing von IT-Kapazitäten als kapital- und liquiditätsschonende Alternative zum Eigenbetrieb, die steigenden Anforderungen an die Datensicherheit oder Kosten- und Effizienzgewinne durch vermehrte Cloud-Nutzung.
Der wachsende Bedarf an digitaler Infrastruktur und die damit verbundenen hohen Kosten haben auch in Europa Banken auf den Plan gerufen. Die Chancen im Infrastrukturgeschäft locken aber auch zunehmend professionelle, langfristig orientierte Eigenkapitalinvestoren an, insbesondere Versicherer und Pensionsfonds. Die Finanzierungsvolumina bei Einzelprojekten im Bereich der Dateninfrastruktur reichen von 40 Millionen Euro bis zu rund sechs Milliarden Euro. Etwa 60 bis 70 Prozent des Volumens werden über Banken, meist im Rahmen von Projektfinanzierungen, finanziert. Bis zu 40 Prozent steuert Private Equity bei. Auch für Immobilieninvestoren spielen Data Center eine immer wichtigere Rolle, handelt es sich bei diesen Spezialimmobilien doch um eine attraktive Kombination aus Real Estate, Infrastruktur und High-Tech. Gerade in den vergangenen zwei Jahren hat die Data Center-Branche, vor allem in den USA, einige milliardenschwere M&A-Transaktionen gesehen, vor allem unter Beteiligung der großen Private-Equity-Adressen.
Unter dem Gesichtspunkt des Ressourcenverbrauchs und Klimaschutzes sind immer größere Datenmengen jedoch eine Herausforderung. Der hohe Energiebedarf der Rechenzentren kommt außer von der Leistung der Prozessoren selbst nicht zuletzt von der aufwändigen Kühlung, die unabdingbar ist, um die jederzeitige Funktionsfähigkeit der Elektronengehirne zu gewährleisten. Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, den Betriebsstrom der Rechenzentren umweltfreundlich zu erzeugen, die entstehende Abwärme Dritten sinnvoll zur Verfügung zu stellen und vor allem die Energieeffizienz insgesamt zu verbessern.
Der Energiebedarf ist enorm: Nicht ohne Grund wird die Kapazitätsgröße bei Data Center üblicherweise nicht in Quadratmetern, sondern in Megawatt angegeben. Nach Angaben des Marktforschers Lünendonk entfällt ein Fünftel des gesamten Stromverbrauchs der Stadt Frankfurt am Main, die ein wichtiger Knotenpunkt europäischer Datenströme ist, auf den Betrieb von Rechenzentren. Der Datenanbieter Statista gibt den Strombedarf deutschen Rechenzentren und kleinerer IT-Installationen für das Jahr 2020 mit 16,0 Milliarden kWh an, 2016 waren es noch 12,4 Milliarden kWh. Bemerkenswert ist, dass im gleichen Zeitraum die damit verbundenen CO2-Emissionen von 7,2 auf 6,1 Millionen Tonnen zurückgegangen sind.
Diesen Weg zu mehr Energieeffizienz gilt es fortzusetzen. Die Finanzwirtschaft kann eine wichtige Rolle spielen, um das Wachstum der Branche umweltverträglich zu gestalten. Die ABN AMRO Gruppe, mit ihrer mehr als zehnjährigen Expertise einer der führenden Akteure im Geschäft mit digitalen Infrastrukturinvestitionen in Europa, hat die Digitalisierung neben Verkehr und Energie für sich sogar als eines der drei großen Transitionsthemen definiert, bei denen durch gezielte Kapitalallokation der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz gefördert werden soll. Dabei setzt die Bank bei Finanzierungsinstrumenten wie „Green Bonds“ oder „Sustainabiliy Linked Loans“ den Betreibern der Anlagen über die Definition entsprechender Kennzahlen direkte Anreize. Wenn die Datenzentren Schritt für Schritt energieeffizienter werden, sinken auch sukzessive die Zinsen für die Fremdfinanzierung.
Die Finanzwirtschaft hat mittlerweile ausgefeilte Modelle entwickelt, um Fortschritte der Rechenzentren-Betreiber in punkto Energieeffizienz in konkrete Konditionenvorteile umwandeln zu können. Die Vorteile erstrecken sich häufig über mehrere Jahre, um den technischen Fortschritt zu verstetigen und Anreize für fortgesetzte Investitionen in moderne Technologien zu schaffen. Dabei ist die Nachfrage nach „grünen“ Finanzierungslösungen bereits lebhaft. Und sie wird zunehmen, denn sowohl Rechenzentren-Betreiber als auch deren Kunden stehen unter dem Druck, ihren Ressourcenverbrauch zu reduzieren, um als Unternehmen die gängigen ESG-Kriterien zu erfüllen.
Somit ergibt sich eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Der Bedarf an digitaler Infrastruktur wird weiter wachsen, denn sie ist für jede wettbewerbsfähige Volkswirtschaft unverzichtbar. Dies wird sowohl Betreibern als auch Eigen- und Fremdkapitalinvestoren attraktive Marktchancen eröffnen. Im Vorteil werden dabei jene Financiers sein, die einen aktiven Beitrag leisten wollen, dass diese Entwicklung mit immer Nachhaltigkeit einhergeht.
Zur Person
Tim Pankoke ist Head of Corporate & Institutional Clients Germany bei der ABN AMRO Bank
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