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Die Batterierevolution

Text von Nadja Christ
09.09.2024
Nachhaltigkeit

Batterien sind in den meisten Haushalten Verbrauchsmaterial: Kaum eingesetzt, sind sie meist schon wieder leer und müssen entsorgt werden. Das US-Unternehmen Ambient Photonics Inc. hält nun dagegen: Die Kalifornier haben eine spezielle Solarzelle entwickelt und wollen die batterielose Ära einläuten. 

Was haben Wanduhren, Fernbedienungen und Kinderspielzeug gemeinsam? Sie funktionieren oft nur mit Mignon- oder Micro-Batterien, besser bekannt unter den Bezeichnungen AA beziehungsweise AAA. So nützlich die Energielieferanten im Alltag sind, so gefährlich können sie sein: „Wenn eine Batterie ausläuft, kann das bei Hautkontakt Verbrennungen oder Verätzungen auslösen“, warnt Falk Petrikowski vom Umweltbundesamt und ergänzt: „Lithiumhaltige Batterien, die sich zum Beispiel in Küchenwaagen, Rauchmeldern oder Handsendern für Garagentore befinden, können bei einem Defekt sogar bersten und brennen.“ Hinzu kommt, dass Batterien umweltschädlich sind, wenn sie nicht nach Vorschrift entsorgt werden, sondern stattdessen im Hausmüll landen.

Strenge Vorschriften – kaum eingehalten

Verbraucher sind seit 2021 per Gesetz dazu angehalten, sie bei einer separaten Sammelstelle abzugeben. Und auch Händler sind zur Rücknahme verpflichtet. Nur so können wertvolle Inhaltsstoffe, wie Blei, Cadmium, Eisen, Ferromangan, Nickel und viele weitere, in ausgeklügelten Prozessen recycelt werden, um daraus zum Beispiel neue Batterien herzustellen. 

Dennoch landet nach Angaben des Bundesumweltamts von den circa 63.000 Tonnen Gerätebatterien, die pro Jahr in Deutschland über die Verkaufstheken gehen, die Hälfte im Hausmüll. Das US-Unternehmen Ambient Photonics sagt den Batterien nun mit einer nachhaltigen Innovation den Kampf an.

Grüne Energie für Fernbedienung & Co.

Ausgerechnet im sonnigen Kalifornien haben die beiden Gründer Bates Marshall und Kethinni Chittibabu eine Solarzelle entwickelt, die eben nicht mehr auf Sonnenlicht angewiesen ist. Kerzenschein genügt, damit die Energiequellen ihres Start-ups Ambient Photonics kleine Haushaltsgeräte oder Spielzeug mit Strom versorgen können. 

Bislang kennen Verbraucher solche Solarzellen zum Beispiel nur von ihren Taschenrechnern. Damit diese einsatzbereit sind, ist meist ein Fensterplatz vonnöten, der direktes Sonnenlicht bietet. Grund dafür ist ihr Produktionsprozess, bei dem die Siliziumschicht eine so unregelmäßige Struktur bekommt, dass sie nur bei starker Sonneneinstrahlung Energie aufnehmen und vergleichsweise wenig speichern. „Deshalb liefern diese Solarzellen unter realen Bedingungen auch nicht genügend Leistung für die meisten Alltagsanwendungen, wie Fernbedienungen oder die kabellose Computermaus“, sagt Colin Owen, Design- und Marketingleiter von Ambient Photonics.

Die neuartige Solarzelle aus Kalifornien benötigt dagegen kein Silizium. Stattdessen funktioniert sie nach dem Prinzip der Photosynthese, bei dem das Chlorophyll in Blättern Sonnenlicht absorbiert und dieses in chemische Energie umwandelt. Im Produkt von Ambient Photonics übernehmen extrem lichtempfindliche organische Farbstoffmoleküle die Energiegewinnung und -speicherung. 


Die Tee-Batterie kommt

Der US-Wissenschaftler Dr. Xingcai Zhang hat gemeinsam mit seinem Team sechs Jahre lang an der Harvard Universität an Batterien auf Basis von Tee geforscht. Im Januar 2024 veröffentlichten sie ihr Ergebnisse und tatsächlich: Das aus der Biomasse von Stängeln der Oolong-Teesorten gewonnene Material kann harten Kohlenstoff ersetzen, der in Natrium-Ionen-Batterien enthalten ist. Sie bildet dort das Anodenmaterial, in dem Natriumionen gespeichert und während der Lade- sowie Entladezyklen freigesetzt werden. „Die Kapazität einer Batterie steht in direktem Zusammenhang mit der Fähigkeit der Anode, Natriumionen zu speichern, sodass die Wahl des Anodenmaterials für die Entwicklung und Leistung von Natrium-Ionen-Batterien entscheidend ist“, erklärt Zhang. Sein Versprechen: Die nachhaltige Alternative aus Tee sei – wenn sie es denn einmal bis zur Marktreife geschafft hat – nicht nur leistungsstark, sondern auch preisgünstig.

Gut für die Umwelt und den Geldbeutel

Bei der Herstellung setzt Ambient Photonics auf ein spezielles Verfahren, bei dem die Farbmoleküle auf dünne, langlebige Glassubstrate gedruckt werden. „Glas ist Hauptbestandteil unserer Solarzelle – deshalb kann sie auch die Lichtenergie von beiden Seiten nutzen, was sie leistungsstärker und flexibler einsetzbar macht“, sagt Owens. Insgesamt habe die Ambient-Photonics-Solarzelle eine Energiedichte, die 300 Prozent höher als bei herkömmlichen Varianten ausfällt. Das heißt, sie kann mit gleich großer Fläche dreimal so viel Energie erzeugen – und kann preislich trotzdem mithalten. Der Grund: „Dank des innovativen Druckverfahrens können wir Zellen in jeder Größe, Form und vor allem in hoher Stückzahl produzieren – das senkt am Ende die Herstellungskosten für unser Produkt“, erklärt Owen. 

Zu guter Letzt profitiert auch die Umwelt von der Innovation. „Die Solarzellen sind so konzipiert, dass sie herkömmliche AA- oder AAA-Batterien ersetzen, die aber viel mehr Platz benötigen“, sagt Owen. Die Hersteller von Fernbedienungen, Spielzeugen und kleineren Haushaltsgeräten können also künftig kleinere und schlankere Produkte designen, wodurch sie Ressourcen bei der Produktion schonen. Hinzu kommt: Verbraucher können die kleinen Energieträger wie andere handelsübliche Glasprodukte über den Altglascontainer entsorgen. 

In den USA ist die neuartige Ministromquelle bereits marktreif. Das Unternehmen arbeitet unter anderem mit dem Technologiekonzern Google zusammen, um eine solarbetriebene Anwendung zu entwickeln. „Unser gemeinsames Ziel ist es, den CO2-Fußabdruck von vernetzten Geräten wie Computermäusen, Tastaturen, elektronischen Preisetiketten und Fernbedienungen in Zukunft drastisch zu reduzieren“, sagt Owen.

Akkus statt Batterien

Bis es die neuartigen Solarzellen von Ambient Photonics auch auf den europäischen Markt geschafft haben, kann es wohl noch etwas dauern. Batterieexperte Petrikowski vom Umweltbundesamt empfiehlt bis dahin die Nutzung einer Alternative zur Einwegbatterie: Akkus, die Verbraucher je nach Modell zwischen 200- und 1.000-mal wieder aufladen können. „Kaufen Sie Akkus mit geringer Selbstentladung – die halten länger und sind auf Dauer günstiger als nicht wiederaufladbare Batterien”, empfiehlt er. Doch Petrikowski weiß auch: „Ganz ohne Batterien werden wir langfristig nicht auskommen.“ Er begrüßt daher innovative Alternativen, wie die Solarzelle von Ambient Photonics.

16,9 Milliarden Euro
umfasste der Wert aller Batterien, die 2022 nach Deutschland importiert wurden.
Quelle: Verband der Elektro- und Digitalindustrie 

32.411 Tonnen
Geräte-Altbatterien wurden im Jahr 2022 in Deutschland ordnungsgemäß entsorgt. 
Quelle: Umwelt-Bundesamt 

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