„Ich musste immer besser sein als meine männlichen Kollegen.“
Tina Dreimann führt den Wagniskapitalfinanzierer Better Ventures. Darin haben sich über 30 Investorinnen und Investoren zusammengeschlossen, um gemeinsam in Impact-Start-ups zu investieren und Diversität zu fördern. Wie Dreimann über Chancengleichheit in der Investment-Szene denkt – und welche Rolle sie selbst dabei einnimmt.
Te:nor: Frau Dreimann, Überschwemmungen, Dürren, Krieg, Flucht und Ungerechtigkeit. Es gibt zahlreiche Krisen auf unserem Planeten und viele Prognosen klingen düster. Ist Impact-Investing die Rettung?
Tina Dreimann: Beim Impact-Investing geht es darum, Ansätze und Ideen zu stärken, die finanzielle Rendite bringen und gleichzeitig die Welt durch eine soziale oder ökologische Wirkung verbessern. Das ist sicher nur ein Teil der Lösung, aber angesichts der Klimakrise müssen wir jetzt endlich alle Möglichkeiten nutzen. Ich bin überzeugt, dass Unternehmerinnen und Unternehmer die Welt verbessern und in Bezug auf die Klimakrise sogar retten können. Dafür brauchen sie Unterstützung und Kapital.
Wie sind Sie zum Impact-Investing gekommen?
Ich hatte schon im Alter von 20 Jahren das Ziel, einen positiven Fußabdruck auf der Welt zu hinterlassen. Dann war ich lange in der Beratung tätig und habe als Gründerin Erfahrungen gesammelt. Aber eines meiner zentralen Lebensziele blieb, ein Unternehmen zu gründen, das die Welt verbessert. Zum Glück ging es meinen beiden Mitgründern Christoph Behn und Cedric Duvinage genauso. Die Coronapandemie hat uns deutlich gemacht, wie sehr die Hütte brennt. Deshalb haben wir gemeinsam Better Ventures gegründet. Jetzt können wir Kapital an genau die Menschen weitergeben, die gerade versuchen, die Welt zu retten.
Und wie machen Sie das konkret?
Bisher wird gerne zwischen Finance-first-Investing und Impact-first-Investing unterschieden. Beim ersten steht allein die vielversprechendste Rendite im Vordergrund. Beim zweiten geht es vor allem darum, Kapital zu nutzen, um etwas Gutes zu tun. Better Ventures beweist jetzt, dass man beides nicht trennen muss. Wir investieren ausschließlich in Impact-Start-ups, die Nachhaltigkeit mit unternehmerischem Erfolg vereinen. So verdienen Unternehmen und Investoren Geld damit, einen positiven Mehrwert für die Welt und Gesellschaft zu schaffen.
Was für ein Mehrwert kann das sein?
Von Klimaschutz und Müllvermeidung über New Work und Diversität ist alles dabei. Uns ist ganz besonders wichtig, dass das Start-up ein bedeutendes Problem aktiv bekämpft. Nur auf einen Missstand hinzuweisen, reicht nicht. Eines unserer ersten Investments ging an den Haushaltsmittelhersteller Everdrop. Anstatt Mittel in Plastikflaschen zu füllen, stellt Everdrop Reinigungsmittel-Tabs her. Die können dann einfach zu Hause in Wasser aufgelöst werden. Damit sparte das Start-up allein im Gründungsjahr 2,5 Millionen Plastikflaschen ein.
Sie bezeichnen Better Ventures als Angel-Club. Was genau bedeutet das?
Better Ventures ist ein Zusammenschluss erfolgreicher und gleichgesinnter Unternehmer:innen mit dem Ziel, gemeinsam in der Frühphase Impact-Start-ups zu unterstützen – durch unternehmerische Erfahrung, ein starkes Netzwerk und finanziell. Es gibt keinen vergleichbaren Angel-Club erfolgreicher Unternehmer:innen, der so divers ist und in dem so viel unternehmerisches Know-how zusammen kommt. Investoren von einer Idee zu überzeugen, ist normalerweise sehr zeitaufwändig. Wir bündeln deshalb Investitionsprozesse, indem sich Gründer und Gründerinnen bei uns vorstellen und wir sie an starke Investoren vermitteln, sogenannte Angels. Das Clubmodell bietet den Angels die Flexibilität, von Fall zu Fall zu entscheiden und dann direkt in ein nachhaltiges, skalierbares Unternehmen zu investieren, das sie aktiv unterstützen wollen.
Ihr Timing hat offenbar gestimmt. Laut Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) stieg das Marktvolumen von Impact-Investments in Deutschland von 5,2 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 13 Milliarden Euro im Jahr 2018. Ein klarer Trend.
Ja, und den spüren wir massiv. In den vergangenen fünf Jahren hat sich da nochmal sehr viel getan. Impact-Investing war lange Zeit eine Nische und für viele Gründer kam es nicht infrage, ihr Geschäftsmodell eng an Nachhaltigkeitsaspekte zu binden. Doch das sieht heute anders aus.
Nachhaltigkeit betrifft für Sie also auch gesellschaftliche Themen. Welche Rolle spielen Diversität und soziale Gerechtigkeit bei Better Ventures?
Diversität ist bei uns ein zentrales Thema. Wir befassen uns zum Beispiel mit Start-ups, die Diskriminierung oder Belästigung bekämpfen. Wir haben uns vor Kurzem zum Beispiel eine Anti-Harassment-Software angeschaut. Denn in diesem Punkt haben wir ein großes gesellschaftliches Problem.
Im jährlichen Start-up-detector-Report zeigt sich, wie groß die Kluft zwischen Männern und Frauen auch in der Investorenszene ist. Investorinnen machen nur 12,9 Prozent aus. Das heißt, in Deutschland stehen den 8.500 männlichen Angels nur 870 Angel-Investorinnen gegenüber. Dagegen etwas zu tun, wäre demnach doch auch ein positiver Impact, oder?
Natürlich! Und genau deshalb stärken wir Diversität auch auf zwei Arten. Einerseits über die Auswahl der Impact-Start-ups und ihrer Geschäftsideen und, andererseits über die Förderung einer diverseren Investoren-Szene. Denn wie die Zahlen zeigen, sind Angel-Investorinnen und Gründerinnen in der Minderheit. Als Investorin in einer Führungsposition bin ich leider die Ausnahme. Better Ventures hat sich deshalb eine Investment-Quote auferlegt. Wir haben festgelegt, dass mindestens 30 Prozent des Kapitals in Teams fließen, die nicht rein männlich besetzt sind. Das ist doppelt so viel wie der Marktdurchschnitt.
Als Sie noch bei der Unternehmensberatung Bain & Company arbeiteten, haben Sie die unternehmensinterne Inklusionsinitiative Womxn at Bain geführt und organisiert. Wieso ist Ihnen dieses Thema so wichtig?
Ich hatte schon in meiner Kindheit und Jugend das Glück, von unterschiedlichem Denken und Begegnungen zu profitieren. Aber der Hauptgrund ist, dass ich selbst eine sehr schmerzvolle Entwicklung in männerdominierten Industrien hinter mir habe. Ich musste immer besser sein als meine männlichen Kollegen und wünsche mir deshalb sehr, dass die nächste Generation Frauen es da einfacher hat. Für mich gab es viele einschneidende Momente. Einer davon war eine Investoren-Konferenz, die mich darin bestärkte, selbst Investorin zu werden. Ich habe mich dort umgesehen und war wieder einmal zu 95 Prozent von Männern umgeben. Das hat mich traurig gemacht. Ich habe mich gefragt: Wenn ich als mutige Frau nicht Investorin werde und die Lage ändere, wer dann?
Mittlerweile steigt der Frauenanteil in der Szene langsam. Aber Gründerinnen haben es auch heute schwerer als Männer, Geld für ihre Vorhaben einzusammeln. Das zeigt der Female Founders Report. Was können Investorinnen und Gründerinnen tun, um das zu ändern?
Viele Menschen in Machtpositionen behindern immer noch eher die Teilhabe Anderer, als sie zu fördern. Mein größter Tipp an egal welche benachteiligten Gruppen ist deshalb: Sucht euch starke Partnerinnen und Partner. Im Team geht alles leichter als allein. Wir alle profitieren von gegenseitiger Unterstützung. Das gilt natürlich auch für Investoren und Investorinnen. Better Ventures hat dementsprechend auch eine Investorinnenquote von über 30 Prozent. Gemeinsam sind wir stärker, schneller und besser.
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