Homeoffice: Gut für den ökologischen Fußabdruck?

Wer Vollzeit zu Hause arbeitet, schont die Umwelt und kann sein grünes Gewissen beruhigen. Stimmt das tatsächlich? Welchen Beitrag leistet der Büroplatz daheim wirklich zu einer nachhaltigen Arbeitswelt?
Seit der Pandemie ist Homeoffice für viele zum Alltag geworden. Ein Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet laut Statistischem Bundesamt zumindest teilweise von zu Hause aus. Neben flexibleren Arbeitszeiten, besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Zeitersparnissen beim Pendeln hat der Arbeitsplatz daheim einen weiteren Vorteil: Es ist gut fürs Klima. Laut einer Studie der US-amerikanischen Cornell University können Beschäftigte dadurch ihre CO2-Emissionen teils signifikant senken.
CO2-Emissionen fallen regional und saisonal unterschiedlich aus
Arbeitnehmer, die zwei bis vier Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten, senken laut der Studie ihre CO₂-Emissionen um 11 Prozent bis 29 Prozent. Wer immer zu Hause arbeitet, verursacht sogar um bis zu 54 Prozent geringere CO2-Emissionen im Vergleich zu Kollegen, die jeden Tag ins Büro fahren. „Die Einsparungen ergeben sich vor allem aus dem sinkenden Energieverbrauch in Büros und dem geringeren Verkehrsaufkommen“, erklärt Fengqi You, Professor für Energiesystemtechnik an der Cornell University.
Einen Haken hat die Sache aber: Die Homeoffice-Klimabilanz hängt stark von regionalen und saisonalen Gegebenheiten sowie individuellen Verhaltensweisen ab. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Vodafone Instituts. Kurz gesagt: Was in Sachen Klimabilanz im Homeoffice für die USA gilt, muss nicht zwingend auch für Deutschland gelten.
Fossile Energieträger sind schlecht fürs Homeoffice
So steigen in Deutschland die CO₂-Emissionen im Winter regelmäßig durch erhöhten Heizbedarf fürs Zuhause. Da immer noch ein großer Anteil an Heizungen mit fossilen Energieträgern wie Gas oder Heizöl betrieben wird, hat das schnell einen massiven Einfluss auf die CO2-Bilanz. Das Büro kann in dieser Zeit die klimafreundlichere Alternative sein, immerhin wird dort die Fläche in der Regel für mehr als eine Person geheizt. In südlichen Ländern ist dagegen eher die Sommerhitze das Problem: Klimaanlagen gehören ebenfalls zu den Energiefressern.
Wie viel CO₂ können Beschäftigte in Deutschland also durch Homeoffice einsparen? Dieser Frage geht zum Beispiel das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) in Berlin nach. Das Ergebnis: Ein zusätzlicher Tag pro Woche zu Hause könnte je nach Szenario über eine Million Tonnen CO₂-Emissionen einsparen. Bei zwei zusätzlichen Tagen erhöht sich die Einsparung auf 3,2 Millionen Tonnen.
Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice
Wie groß das Einsparpotenzial wirklich ist, hängt von vielen individuellen Faktoren ab – schließlich ist kaum ein Heimarbeitsplatz wie der andere. So beeinflussen neben dem Energiemix auch der Sanierungsstand des Gebäudes und die technische Ausstattung die Höhe der individuellen CO2-Emissionen. Wer sich zum Beispiel im ersten Schritt ein neues Arbeitszimmer einrichten muss, hinterlässt zunächst einmal einen größeren individuellen ökologischen Fußabdruck. Gängige Arbeitsroutinen wie Videocalls hingegen haben keine größeren Auswirkungen auf die Homeoffice-CO2-Bilanz: „Der Unterschied ist eher gering, da sich Arbeitsabläufe bei den Berufen, in denen Homeoffice möglich ist, in der Regel kaum zwischen Büro und zu Hause unterscheiden“, sagt Lisa Steck, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IZT.
Auch Verhaltensänderungen können langfristig dazu führen, dass die Emissionen doch wieder steigen. Forscher haben nämlich beobachtet: Beschäftigte, die viel im Homeoffice arbeiten, sind in ihrer Freizeit häufiger unterwegs – vielleicht, um nach Feierabend die fehlenden sozialen Arbeitskontakte zu kompensieren? Hinzu kommen Fahrten für Erledigungen, die früher mit dem Weg zur Arbeit kombiniert wurden: „Separate Fahrten zum Einkaufen oder Abholen der Kinder können den CO2-Ausstoß erhöhen und die positiven Effekte von Homeoffice bremsen, wenn keine umweltfreundlichen Verkehrsmittel gewählt werden“, erklärt etwa Manuela Weber, Senior Researcher am Öko-Institut, einer unabhängigen Forschungs- und Beratungseinrichtung. Das ortsunabhängige Arbeiten macht es zudem für mehr Menschen attraktiv, aufs Land zu ziehen. Das entlastet zwar die städtischen Wohnungsmärkte und die Verkehrslage in den Ballungsräumen, erhöht jedoch das Verkehrsaufkommen auf dem Land, wo die Wege meist länger sind und mit dem Auto zurückgelegt werden.
Trotz all der Herausforderungen ist Homeoffice ein wichtiger Baustein für eine nachhaltigere Arbeitswelt – denn es ist eine dezentrale und schnell umsetzbare Maßnahme. Sie ist für viele Arbeitnehmende mit Bürojob niedrigschwellig verfügbar und kommt nicht zuletzt individuellen Bedürfnissen nach zeitlicher und räumlicher Flexibilität entgegen. „Bereits heute sparen wir mithilfe des Homeoffices Emissionen des Pendelverkehrs ein, während andere diskutierte Maßnahmen durch politische Entscheidungsträger noch ausgehandelt und umgesetzt werden müssen“, sagt Steck. Mit Heimarbeit allein lässt sich der Klimawandel zwar nicht aufhalten. Aber es ist ein Puzzlestück auf dem Weg zu einem klimafreundlicheren Arbeitsalltag – auch in Deutschland.
Fünf Energiespartipps fürs Homeoffice
1. Notebooks sind die bessere Alternative. Wer zu Hause die übliche Büroarbeit erledigt, benötigt in der Regel keinen Gaming-PC mit ultraschnellem Arbeitsspeicher und der neuesten Grafikkarte. Ein Notebook verbraucht weniger Strom. Weiterer Pluspunkt: Fürs hybride Arbeiten, sowohl im Büro als auch im Homeoffice, sind Laptops die flexiblere Lösung.
2. Tageslicht tut gut – nicht nur der Gesundheit, sondern auch der Stromrechnung. Wer seinen Heimarbeitsplatz einrichtet, sollte darauf achten, dass er möglichst viel Tageslicht für die Beleuchtung ausnutzen kann. Ein Schreibtisch am Fenster statt in der hinteren Ecke des Zimmers ist länger ohne künstliches Licht gut ausgeleuchtet.
3. Router brauchen auch Strom. Wer ihn nachts und vor allem am Wochenende ausschaltet, spart ebenfalls Energie.
4. Steckerleisten mit Schalter helfen dabei, alle Geräte mit einem Knopfdruck vom Strom zu nehmen. Der Standby-Modus kann bis zu 20 Prozent des Stromverbrauchs ausmachen.
5. Legen Sie im Homeoffice regelmäßig Pause ein – und gönnen Sie währenddessen auch den elektrischen Geräten freie Zeit. Am effektivsten ist es, sie auszuschalten. Aber auch der Energiesparmodus hilft schon.
215 Milliarden Kilometer
legten Pendler vor der Pandemie im Jahr zurück. Das entspricht etwa 35 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.
Quelle: Öko-Institut
20,48 Millionen Deutsche
pendelten im Jahr 2023 zur Arbeit.
Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
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