Die Zukunft des Reisens
Das waren Zeiten: Schnell mal übers Wochenende für 9 Euro nach London oder Ibiza fliegen. Ein schlechtes Gewissen hatte deshalb niemand. Und heute? Fragt jeder nach der CO2-Bilanz, Flugtickets sind fast unbezahlbar geworden. Und wir besinnen uns auf eine alte Tugend: Romantisches Reisen mit dem Nachtzug.
Hello Nachtzug
Vor dem Einschlafen noch ein Blick aus dem Fenster, die dunkle Landschaft segelt vorbei, das gleichmäßige Schnurren des Zuges beruhigt die Nerven nach einem langen Tag. Was für ein Luxus! Noch in den 1990er-Jahren war es völlig normal, per Nachtzug paneuropäisch zu reisen. Man stieg abends in München in den Zug nach Rom, kam dort frühmorgens an und hatte den ganzen Tag Zeit, Forum Romanum, Kolosseum und Vatikan (die Schlangen waren damals kürzer) zu erkunden.
Damals war der Nachtzug schon deshalb ein übliches Transportmittel, weil sich Normalsterbliche die teuren Flüge nicht leisten konnten. Erst die Billigflieger der Nullerjahre demokratisierten die Anreise per Flugzeug – der Schlafwagen hatte ausgedient. „Slow Travel“, das bewusst langsame Reisen ohne Hektik, war noch nicht erfunden. Die Deutsche Bahn rangierte ihre Nachtzüge aus.
Doch mit zunehmendem Umweltbewusstsein, mit Flugscham und stark gestiegenen Flugpreisen erleben die Nachtzüge heute eine Renaissance. Seit etwa drei Jahren führen europäische Bahnunternehmen viele Nachtzugverbindungen neu ein oder beleben sie wieder: von Hamburg und Berlin nach Stockholm zum Beispiel oder von Wien nach Paris. Der Alpen-Sylt-Express verkehrt seit 2020 ab Basel über Freiburg und Frankfurt am Main nach Sylt. Selbst der erst 2016 eingestellte Autoreisezug von Lörrach nach Hamburg wurde 2022 wieder ins Programm aufgenommen.
Nachtzüge haben neben ihrer Klimafreundlichkeit noch viele andere praktische Vorzüge: Es genügt, wenige Minuten vor Abfahrt am Bahnhof zu sein. Es gibt keine nervigen Securitychecks. Wer die Verbindung geschickt wählt, spart sich eine oder zwei Hotelübernachtungen. Gepäck mitnehmen kann man, so viel man will, und der Hauptbahnhof liegt – anders als der Flughafen – mitten in der Stadt. Also genau da, wo man hinmöchte.
Goodbye Billigflieger
Für 9 Euro nach Mallorca, für 29 nach Hurghada. Mit solchen Versprechen traten 2002 die ersten Low-Cost-Airlines an, um das Urlaubsverhalten der Deutschen zu revolutionieren. Fliegen sollte so selbstverständlich werden wie Bahnfahren – und auch nicht mehr kosten. Das klang damals erstmal innovativ und fair. Und hat gut funktioniert.
Mit Abstand und mit Blick auf die Klimakrise betrachtet, ist klar, dass dieses Geschäftsmodell nicht nachhaltig sein konnte. Weder für die Mitarbeitenden noch für die Umwelt oder die Reiseziele. Und selbst die Reisenden kamen selten so billig weg wie erhofft, versteckten sich die wahren Kosten für das Ticket doch hinter Gebühren, Steuern und anderen Zuschlägen. Mal abgesehen vom zunehmend schlechten Gewissen gegenüber der Umwelt. So ganz geheuer waren einem die Billigpreise in Wahrheit nie – auch wenn man davon profitierte.
Mittlerweile müssen die Fluggesellschaften Endpreise ausweisen. Schon deswegen ist das Preisniveau gestiegen. Seit dem Ende der Coronakrise fehlen zudem Mitarbeitende. Denn Tickets zu Dumpingpreisen basieren meist auf schlechten Arbeitsbedingungen und auf Löhnen unter Branchenniveau. Dazu kommen die gestiegenen Energiepreise. Folglich haben die Billigflieger ihre Preise angehoben: Gab es One-Way-Tickets 2021 im Durchschnitt noch zwischen 37 und 101 Euro, waren es im Herbst 2022 zwischen 68 und 119 Euro.
Dass die Preise jemals wieder sinken, ist unwahrscheinlich. Europas größter Billigflieger Ryanair freute sich schon im vergangenen Jahr über Gewinne. Und auch EasyJet rechnet damit, 2023 aus den roten Zahlen zu kommen. Für viele Urlauber heißt das: Wenn die Flugtickets teurer werden, fliegen sie halt weniger. Oder fahren wieder mit der Bahn.
Dieser Artikel ist zuerst in Character erschienen, dem Gesellschaftsmagazin der Bethmann Bank. Weitere Informationen zur aktuelen Ausgabe finden Sie auf unserer Webseite.
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