Der lange Weg zur Gleichberechtigung
Frauen haben ein eigenes Konto, spielen Fußball oder regieren ein Land – heute völlig normal. Doch das war nicht immer so. Te:nor wirft einen Blick in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Frauen(rechts)bewegung.
Accelerate Action – Maßnahmen beschleunigen, lautet das Motto des Weltfrauentages 2025. Mehr Tempo ist auch dringend nötig: Frauen und Männer sind weltweit erst zu 68,5 Prozent gleichgestellt, berechnete der Global Gender Gap Report 2024 des Weltwirtschaftsforums. Von 2023 auf 2024 hat sich die Geschlechterparität damit um 0,1 Prozentpunkte verbessert. Behalten wir die Geschwindigkeit bei, würde es 134 Jahre dauern, bis die Kluft zwischen den Geschlechtern vollständig überwunden ist. Vor den nächsten fünf Generationen liegt also noch viel Arbeit, wenn auch vor uns schon viel erreicht wurde, wie eine Zeitreise durch mehr als 150 Jahre Frauenbewegung zeigt:
1872: US-Schauspielerin und Heilerin Victoria Woodhull schreibt im New Yorker Herald: „Im festen Glauben, dass die landläufigen Vorurteile gegen Frauen im öffentlichen Leben bald verschwinden werden, kündige ich hiermit meine Kandidatur für die Präsidentschaft an.“ Sie wird nicht zur ersten US-Präsidentin gewählt – und darf auch selbst nicht abstimmen.
1878: Der Mutterschutz wird gesetzlich in der Reichsgewerbeordnung niedergeschrieben. Darin ist ein dreiwöchiges Arbeitsverbot nach der Entbindung festgelegt – jedoch unbezahlt.
1899: In Karlsruhe legt die erste Mädchenklasse ihre Abiturprüfung am ebenfalls ersten öffentlichen Gymnasium für Mädchen ab.
1900: Das Großherzogtum Baden lässt als erster Bundesstaat im Deutschen Reich Frauen an Universitäten zu.
1909: In allen Ländern des Deutschen Reiches dürfen Frauen Universitäten und Technische Hochschulen besuchen.
1911: Frauen feiern am 19. März den ersten Internationalen Frauentag in Dänemark, Deutschland, Österreich, Bulgarien, in der Schweiz und in den USA. Zentrales Thema: das Frauenwahlrecht.
1919: Bei den Wahlen zur Nationalversammlung können Frauen in ganz Deutschland zum ersten Mal wählen und gewählt werden. Ihre Wahlbeteiligung liegt bei 90 Prozent. 300 Frauen kandidieren, 37 von ihnen erhalten ein Mandat – bei insgesamt 423 Abgeordneten.
1920: Frauen werden zur Habilitation zugelassen. Damit können sie an Universitäten und Hochschulen lehren. Unterdessen in den USA: Das Frauenwahlrecht tritt in Kraft.
1923: Margarete von Wrangell wird die erste ordentliche Professorin in Deutschland. Die Agrikulturchemikerin erhält den Lehrstuhl für Pflanzenernährung an der Universität Hohenheim.
1940: Chertek Antschimaa regiert als erste Frau weltweit eine Republik. Vier Jahre lang ist sie Parlamentspräsidentin der Tuwinischen Volksrepublik, einem südsibirischen Land.
1949: Das Grundgesetz tritt in Kraft. Artikel 3 hält fest: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ und „Der Staat … wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“.
1958: Ab jetzt können Frauen selbstständig über ihren Wohnort entscheiden und einen Beruf wählen. Letzteres aber nur, solange sie die Familie nicht vernachlässigen. Ohne Erlaubnis des Ehemannes können sie auch ein eigenes Konto eröffnen und über ihr Vermögen verfügen sowie den Führerschein machen. Möglich macht all dies das erste Gleichberechtigungsgesetz, das das Letztentscheidungsrecht des Ehemannes abschafft und auch die Zugewinngemeinschaft einführt.
1961: Elisabeth Schwarzhaupt wird erste Bundesministerin. Die CDU-Politikerin leitet bis 1966 das Ministerium für Gesundheit.
1961: Die Pille wird in Deutschland zugelassen, aber nur für verheiratete Frauen, die mehrere Kinder haben. Sie soll gegen Menstruationsbeschwerden helfen. Die empfängnisverhütende Wirkung ist zunächst nur eine Nebenwirkung.
1967: Die US-Amerikanerin Kathrine Switzer geht als erste Frau beim Boston Marathon an den Start – mit einer Wollmütze und weiter Sportkleidung. Rennleiter Jock Semple versucht, sie von der Strecke zu drängen und ihr die Startnummer abzureißen.
1971: Im Magazin Stern bekennen 374 Frauen, darunter Romy Schneider: „Wir haben abgetrieben!“ und fachen damit die Diskussion um Paragraf 218 an. Seit 1871 stellt er Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe.
1972: SPD-Politikerin Annemarie Renger wird zur ersten Präsidentin des Deutschen Bundestages berufen.
1974: Der Bundestag ergänzt den Paragrafen 218 mit einer Fristenregelung: Frauen dürfen in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft straffrei abtreiben – nach einer gesundheitlichen und sozialen Beratung. Der Abbruch bleibt jedoch illegal.
1976: Die Indikationslösung löst die Fristenregelung in Paragraf 218 ab: Frauen können eine Schwangerschaft abbrechen, wenn es ärztlich attestierte medizinische, ethische oder soziale Gründe gibt. Zeitgleich: Der Bundestag schafft die Hausfrauenehe ab und führt das partnerschaftliche Prinzip ein. Frauen sind also nicht mehr länger verpflichtet, den Haushalt zu führen.
1979: Großbritanniens Premierministerin Margaret Thatcher ist das erste weibliche Oberhaupt eines G7-Staates. Ihr folgen 1993 Kim Campbell in Kanada und 2005 Angela Merkel, die erste Bundeskanzlerin Deutschlands.
1982: Die Frauenfußballmannschaft des Deutschen Fußball-Bunds bestreitet ihr erstes Länderspiel. Sieben Jahre später wird die Frauen-Elf Europameister – und erhält als Siegprämie ein 40-teiliges Kaffee- und Tafelservice.
1984: Als letztes europäisches Land führt Liechtenstein das Wahlrecht für Frauen ein.
1991: Im Schweizer Kanton Appenzell-Innerrhoden dürfen nun auch Frauen bei der Landsgemeinde abstimmen.
1993: SPD-Politikerin Heide Simonis ist die erste Ministerpräsidentin eines Bundeslandes und regiert Schleswig-Holstein bis 2005.
1994: Das zweite Gleichbehandlungsgesetz tritt in Kraft und soll die Benachteiligung von Frauen im Beruf beseitigen – etwa durch verbesserte Vorschriften für Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung aus familiären Gründen. Die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird unter Strafe gestellt.
1997: Vergewaltigungen in der Ehe sind nun strafbar. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen in jedem Fall den Tatbestand verfolgen, auch wenn die Ehefrau die Anzeige zurückzieht.
2013: Seit 1799 ist es Frauen in Frankreich verboten, Hosen zu tragen. 214 Jahre später schafft die französische Regierung auf Drängen von Najat Vallaud-Belkacem, Ministerin für Frauenrechte, den Paragrafen offiziell ab.
2015: Der Deutsche Bundestag beschließt die gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent bei einer Neubesetzung von Aufsichtsräten für voll mitbestimmungspflichtige und börsennotierte Unternehmen.
2016: Der Deutsche Bundestag überarbeitet das Sexualstrafrecht und führt das Nein-heißt-Nein-Prinzip ein. Zeitgleich in den USA: Mit Hillary Clinton kürt eine der beiden großen US-Parteien erstmals eine Frau zur Präsidentschaftskandidatin.
2017: Der saudische König Salman hebt das Fahrverbot für Frauen auf. Seitdem dürfen sie in Saudi-Arabien den Führerschein machen und Autofahren.
2019: Die französische Politikerin Christine Lagarde wird Präsidentin der Europäischen Zentralbank.
2021: Kamala Harris legt als erste Frau den Eid zur US-Vizepräsidentin ab.
2022: Georgia Meloni ist italienische Präsidentin und damit aktuell die einzige weibliche Chefin eines G7-Landes.
2026: Die US-Amerikanerin Christina Koch soll die erste Frau sein, die zum Mond fliegt. Unter anderem mit Victor Glover, dem ersten People of Color der zum Mond reist, wird sie Teil der Artemis-II-Mission sein.
42.885.791 Frauen
leben im Jahr 2023 in Deutschland und machen 50,7 Prozent der Deutschen aus.
Quelle: Statistisches Bundesamt
75,8 % der Frauen
zwischen 15 und 65 Jahren waren im Jahr 2023 in Deutschland erwerbstätig.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
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