Autonom auf der letzten Meile
In einem Modellprojekt testen drei Kommunen in Oberfranken batteriebetriebene, fahrerlose Shuttlebusse. Sie sollen das klassische Bus- und Bahn-Netz ergänzen und so das Problem der „letzten Meile“ lösen.
Der erste fahrerlose Shuttlebus startet morgens um 10 Uhr vom Bahnhof in Kronach aus. Bis zu zehn Menschen haben in dem batteriebetriebenen Fahrzeug Platz. Nachdem die Fahrgäste eingestiegen sind und sich angeschnallt haben, geht es durch die obere Stadt hinauf zur Festung Rosenberg, der touristischen Attraktion in Kronach. Selbstbewusst steuert der kastenförmige Elektrobus über die Straße und macht sich auf die drei Kilometer lange Rundfahrt. Das Tempo ist gemütlich: Bei gerade einmal 18 km/h können die Fahrgäste dank der großen Fenster den Ausblick auf die vorbeiziehenden Häuser und Gassen der Altstadt genießen. Der Shuttle ist zwar ohne Fahrer, aber mit einem Begleiter oder „Operator“ unterwegs. Ausgerüstet mit einem Steuerungsgerät steht dieser mitten im Bus – und kann bei kritischen Situationen eingreifen.
Die tägliche Rundfahrt in Kronach ist Teil des Modellprojekts „Shuttle Modellregion Oberfranken“ (SMO) in Oberfranken, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wird. Neben Kronach sind die „People Mover“ auch in Hof im Einsatz. An diesem Gemeinschaftsprojekt nehmen noch andere Kommunen und Landkreise teil, außerdem Unternehmen wie der Busbetreiber DB Regio Bus und der Automobilzulieferer Valeo. Ziel des Projekts: Die Städte wollen testen, ob fahrerlose Shuttles ihren öffentlichen Nahverkehr sinnvoll und sicher ergänzen können. Oberfranken ist nicht die einzige Region, in der autonome Busse testweise im Einsatz sind: Von Hamburg über Karlsruhe bis Leipzig schießen Shuttle-Projekte derzeit regelrecht aus dem Boden.
Frank Hunsicker, Senior-Projektleiter der Nuts One GmbH, koordiniert das Modellprojekt in Oberfranken. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf Mobilitätskonzepten für die sogenannte „letzte Meile“, also für Strecken jenseits der großen Verkehrsknotenpunkte, die bislang mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht oder gar nicht erreichbar sind. „Gerade in ländlichen Regionen stellt zum Beispiel der Weg vom Bahnhof bis zur Haustür für viele Menschen eine Hürde dar“, sagt Hunsicker. Die Shuttles, so der Projektleiter, ergänzen den öffentlichen Nahverkehr und helfen vor allem bei der Erschließung von Wohn- und Gewerbegebieten am Stadtrand oder auf dem Land, in denen klassische Linienbusse bislang nicht effizient eingesetzt werden können. Die Idee: Ein digital gesteuertes Fahrzeug, das ohne Fahrer auskommt, kann zu geringeren Kosten und viel flexibler als herkömmliche Buslinien eingesetzt werden.
Laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte werden autonome Shuttles die Art und Weise, wie Menschen unterwegs sind, radikal verändern. Die Forscher prognostizieren, dass künftig jede dritte Fahrt mithilfe autonomer Fahrdienste zurückgelegt wird. Demnach stehen die Mobilitätsdienste in Deutschland vor einem regelrechten Siegeszug: Bis zum Jahr 2035 könnten bereits 740.000 Shuttles und Robotaxis im Einsatz sein.
An der nötigen Technik feilen Mobilitätsexperten in Pilotprojekten wie in Oberfranken. Bevor die fahrerlosen Shuttle-Busse in Betrieb genommen wurden, fuhren Techniker alle geplanten Streckenverläufe ab. Ein 3D-Laser erfasste dabei alle Gebäude, Häuserecken und Straßen entlang der Strecken als Punktwolke – so entstand eine zentimetergenaue Abbildung der Fahrzeugumgebung. Aus diesen Daten ermittelten die Busbetreiber dann die optimale Route, die der Bus nun täglich mehrfach abfährt.
Während der Fahrt berechnet der Bus mithilfe eines Lasers ständig seine aktuelle Position und vergleicht sie mit der eingespeicherten, optimalen Strecke. Abweichungen korrigiert er sofort. Für die Sicherheit sorgt eine hochmoderne Sensortechnik, die Objekte erkennt, die dem Bus zu nahekommen. Erkennt die Technik ein unerwartetes Hindernis, stoppt der Bus automatisch.
In den nächsten Monaten soll im nächsten Schritt der vollständig fahrerlose Einsatz untersucht werden. Die rechtliche Grundlage für einen fahrerlosen Betrieb gibt es bereits: Nach einem im Juli 2021 verabschiedeten Gesetz dürfen autonome Kraftfahrzeuge (Stufe 4) in definierten Betriebsbereichen auf öffentlichen Straßen im Regelbetrieb fahren. Bis der Bus ganz ohne Begleitperson unterwegs sein darf, stehen jedoch noch einige Tests an. Zu diesem Zweck hat Valeo die Fahrzeuge mit Sensoren und Software ausgerüstet, die im Probebetrieb die Performance der Shuttles messen und überprüfen.
Doch nicht nur die Technik steht auf dem Prüfstand. Die Projektpartner möchten auch herausfinden, wie der fahrerlose Bus bei den Fahrgästen im Oberfränkischen ankommt. Trauen sie dem fahrerlosen Transportmittel? Die Resonanz ist positiv: Seit Juni 2021 haben bereits 10.000 Menschen das neue Transportmittel genutzt. Laut einer von der Hochschule Coburg durchgeführten Fahrgastbefragung würden 97 Prozent der Fahrgäste eine Fahrt mit dem Shuttle weiterempfehlen. Rund 85 Prozent der Befragten fühlten sich bei der letzten Fahrt sicher oder sehr sicher. Beim Bremsvorgang, der Geschwindigkeit und der Innenausstattung sahen allerdings viele Fahrgäste noch Verbesserungspotenzial.
So richtig ausspielen können die autonomen Shuttles ihre Vorteile im Vergleich zum Linienverkehr aber erst dann, wenn sie nicht mehr nur nach einem festen Zeitplan unterwegs sind. In Oberfranken soll es bald so weit sein: Ab dem Jahr 2023 sollen die Busse auch „On-Demand“ eingesetzt werden. Dann kann jeder Fahrgast über die „Wohin-Du-Willst“-App der DB Regio Bus einen Fahrtwunsch äußern und – abhängig von der Auslastung – einen Shuttle zur gewünschten Haltestelle bestellen. Das Angebot soll dazu beitragen, dass sich noch mehr Menschen für den öffentlichen Nahverkehr entscheiden und damit einen Beitrag zur Verkehrswende leisten.
26,7 Autokilometer
legt eine Person in urbanen Regionen in Deutschland im Schnitt pro Tag zurück.
Quelle: Deloitte, Stand 2019
6.300 Verkehrsunfälle
werden täglich in Deutschland polizeilich erfasst.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand 2021
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