Das neue Fleisch
Der niederländische Landwirt und Fleischliebhaber Jaap Korteweg hat eine unternehmerische Vision: Die Kuh soll aus der Wertschöpfungskette verschwinden. Seine erste Firma, The Vegetarian Butcher, ist eine Erfolgsgeschichte. Nun will Korteweg mit Those Vegan Cowboys auch in den veganen Käsemarkt einsteigen.
Herr Korteweg, essen Sie vegetarisch oder vegan?
Zu Hause bin ich Veganer. Wenn ich ausgehe, bin ich Vegetarier. Im Grunde esse ich einfach und traditionell. In den letzten zwanzig Jahren habe ich mein Leben mehr und mehr auf eine pflanzliche Ernährung umgestellt – es war also ein längerer Prozess. Früher habe ich tierisches Fleisch gegessen, heute esse ich Fleischersatzprodukte auf pflanzlicher Basis.
Ihr erstes Unternehmen The Vegetarian Butcher haben Sie 2010 in Den Haag gegründet und 2018 an Unilever verkauft. Sind Sie noch für ihre alte Firma aktiv?
Ich habe das Unternehmen zu 100 Prozent verkauft. Im operativen Geschäft bin ich also nicht mehr involviert. Aber ich erscheine noch zu feierlichen Anlässen, sozusagen bei den schönen Dingen. Letzte Woche war ich bei der Eröffnung eines Pop-up-Stores dabei.
Mit The Vegetarian Butcher haben Sie eine pflanzenbasierte Alternative zu Fleisch entwickelt. Wie kamen Sie auf die Idee?
Ich hatte damals den Landwirtschaftsbetrieb meiner Eltern übernommen. Als Bauer und Fleischliebhaber kannte ich die Branche. Ich wollte jedoch keine Tiere mehr schlachten und suchte deswegen nach einer Alternative zu Fleisch.
Wen hatten Sie mit Ihrem Angebot im Blick?
Unsere Zielgruppe sind die echten Fleischliebhaber: Menschen, die beispielsweise Hamburger und Chicken Nuggets lieben, sich aber eigentlich vegetarisch ernähren wollen. Im Grunde haben wir die Zielgruppe aus meiner eigenen Vorliebe für Fleisch abgeleitet. Die Herausforderung für uns war, den Fleischgeschmack auf pflanzlicher Basis zu kopieren – dabei sollte das neue Produkt zugleich aber noch schmackhafter sein als das Original.
Aber warum muss man denn überhaupt Fleisch „kopieren“?
Viele Menschen möchten auf den Geschmack von Fleisch nicht verzichten. Das ist der Grund, warum sie es essen, obwohl ihnen das Tierwohl am Herzen liegt. Die Wahrheit ist: Wenn der Mensch Fleisch nicht so sehr mögen würde, wären wir fast alle Vegetarier. Für mich führt kein Weg vorbei am „neuen“ Fleisch und an Fleischersatzprodukten. Es ist ein Fehler, nicht darauf setzen zu wollen.
Und wie bekommt man es hin, dass es genau wie Fleisch schmeckt?
Nun, das ist ein andauernder Prozess, den Unilever seit ein paar Jahren übernommen hat. Im Moment arbeitet eine Gruppe von 60 Wissenschaftlern an dem Thema.
Welche Zutaten gehen in die vegetarischen Burger von The Vegetarian Butcher?
Die Burger bestehen zu 60 bis 70 Prozent aus Soja. Bei den anderen Produkten liegt der Soja-Anteil teilweise höher. Hinzu kommen noch andere Zutaten, unter anderem Zwiebeln, Sonnenblumenöl, Gewürzextrakte und Stärke.
Soja ist aber nicht unumstritten. In Südamerika werden Wälder gerodet, um auf großen Flächen Sojabohnen anzubauen. Der Massenanbau ist sehr energieintensiv. Steht das nicht im Widerspruch zu einer nachhaltigen Produktion?
Das Problem ist nicht, dass die Menschen Soja essen – nahezu 80 Prozent der weltweiten Sojaproduktion wird an Tiere verfüttert. Das Problem besteht vielmehr darin, dass für den Verzehr von Fleisch für den gleichen Kaloriengehalt siebenmal so viel Soja benötigt wird wie für den direkten Verzehr von Soja. Wenn Sie also einen Rindfleisch-Burger essen, steckt siebenmal so viel Soja drin wie bei einem Sojaburger. Bei Hühnerfleisch liegt der Faktor bei drei bis vier. Die Anpflanzung von Soja ist also nicht das Problem. Die Tatsache, dass wir das ganze Soja an Kühe und Schweine verfüttern, dagegen schon. Und der Futteranbau muss irgendwo stattfinden; wenn nicht in Brasilien, denn eben in China.
Nach dem Verkauf Ihres ersten Unternehmens geht es nun für Sie mit Those Vegan Cowboys und der Idee weiter, einen pflanzenbasierten Käse herzustellen. Wie kamen Sie darauf?
Auch beim Käse gilt: Pflanzliches Fett ist besser für unsere Gesundheit, für das Klima und für die Tiere. Wir haben festgestellt, dass es nur wenige schmackhafte milchfreie Käsesorten auf dem Markt gibt. Der Marktanteil von veganem Käse am globalen Käsemarkt beträgt nur zwei Prozent. Dieser Mangel an veganen Alternativen hat uns inspiriert. Und auch hier ist es unser Ziel, die Kuh aus dem Produktionsprozess herauszunehmen.
Käse ohne Kuhmilch – wie soll das gehen?
Es ist eigentlich ganz einfach: 80 Prozent des Käses bestehen aus Kasein, dem Hauptprotein im Käse. Wie kommt das Kasein in die Milch? Kühe fressen Gras, das dann von Mikroben in ihrem Körper zu Kasein fermentiert wird. Es wird also durch probiotische Bakterien und Pilze zu dem Protein umgewandelt. Unsere Herausforderung ist, dass Kasein in Pflanzen nicht vorkommt. Die Aufgabe besteht deshalb darin, das Protein Kasein auf pflanzlicher Basis zu entwickeln. Es ist möglich, bestimmte Teile von Rinder-DNA in das Erbgut der Mikroben einzubauen; damit sollen diese Hefen oder Pilze dazu gebracht werden, das Milchprotein Kasein zu produzieren. Wir müssen nur die richtigen Mikroben verwenden.
Wird Ihr Käse denn schmecken?
Da wir – wie die Kühe – Kasein produzieren, erwarten wir, dass unser Käse genauso schmeckt wie herkömmlicher Käse. Der einzige Unterschied ist, dass wir nicht das Fett aus der Milch verwenden.
Wie lange wird es dauern, bis wir den kuhfreien Käse im Supermarkt kaufen können?
Normalerweise dauert so ein Entwicklungsprozess ungefähr sieben Jahre. Wir haben vor mehr als zwei Jahren begonnen, sind also auf dem besten Weg, diese Aufgabe zu bewältigen.
Wenn Kühe weder für Fleisch noch für Käse gebraucht werden, welche Auswirkungen hat das auf die Tiere und am Ende auch auf uns?
Ich meine, wir tragen mit unserer Idee einen großen Schritt in Richtung Tierwohl bei. Meiner Meinung nach müssen wir aufhören, Kühe auszubeuten, um Fleisch und Milchprodukte zu produzieren. Hinzu kommt: Wenn wir auf die pflanzliche Herstellung von Käse umsteigen und dafür keine Kühe mehr brauchen, benötigen wir nur noch 50 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche oder sogar weniger. Die ungenutzten Flächen können wir der Natur zurückgeben. Außerdem schadet der ganze Milch- und Fleischkonsum auch unserer Gesundheit. Das heißt also unter dem Strich: Wenn wir aufhören, die Kuh und die anderen Tiere auszubeuten, ist das eine gute Entwicklung.
1,5 Milliarden
Anzahl der weltweit gehaltenen Rinder (im Jahr 2019)
Quelle: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
906 Millionen Tonnen
Weltweite Milcherzeugung im Jahr 2020
Quelle: Food and Agriculture Organization
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