„Die Zeiten, in denen man sich große Häuser leisten kann, sind vorbei“
Das irische Unternehmen Aeropods kauft ausgemusterte Flugzeuge und baut aus ihnen Büros, Bars, Fitnessräume und sogar Einfamilienhäuser. Im Interview erklärt Mitgründer Kevin Regan, warum seine Produkte eine gute Alternative zu klassischen Immobilien sind.
Kevin, wie kamen Sie auf die Idee, aus alten Flugzeugen mobile Wohneinheiten zu bauen?
Kevin Regan: Während der Corona-Pandemie habe ich mit meinen Söhnen viel im Haus und im Garten gearbeitet. Wir wollten auch unsere Garage ausbauen. Ich erzählte einem Freund davon und er schickte mir ein Foto von einem Flugzeugrumpf, der verkehrt herum auf einer Landebahn lag. Er sagte: Daraus könntest du etwas machen. Die Idee gefiel mir! Also habe ich einen Flugzeugrumpf gekauft und ließ ihn mit dem Schiff nach Irland bringen. Zusammen mit meinem Geschäftspartner Shane habe ich anschließend drei oder vier Monate lang an dem ersten Aeropod gebastelt. Als eine Freundin das Ergebnis auf LinkedIn veröffentlichte, bekamen wir unzählige Anfragen – und so haben wir die Firma gegründet.
Was war Ihr erster Auftrag?
Unser erster und bisher größter Auftrag kam von einem Geschäftsmann aus Kalifornien. Er wollte neun Aeropods auf einmal kaufen, um damit ein Glamping-Dorf, also für glamouröses Camping, am Fluss Shannon zu bauen. Das unsere Kunden im Voraus eine Anzahlung von 50 Prozent leisten, hat uns sehr in die Karten gespielt, denn nur dadurch hatten wir überhaupt genügend Startkapital.
Welche Herausforderungen gab es bei diesem ersten Auftrag?
Unser einziges Problem war, einen Ort zu finden, an dem wir die Aeropods bauen konnten. Wir mieteten schließlich eine Lagerhalle, die eine Stunde von unserem Wohnort entfernt lag. Da wir nicht mehr so viel pendeln wollten, haben wir die Produktion vor einigen Monaten in die Räume meines ehemaligen Lieblingspubs verlegt, direkt neben meinem Haus. Ich habe diesen Pub geliebt und würde ihn gerne wieder eröffnen, doch die Schanklizenzen in Irland sind sehr teuer. Aber auf diese Weise ist immer noch Leben in ihm.
Bekommen Sie heute immer noch so viele Anfragen?
Sagen wir mal so: Wir müssen uns nicht um Kunden bemühen. Mittlerweile haben wir 42 Aeropods verkauft – die meisten davon sind in Irland geblieben. Theoretisch könnten wir sie aber auch nach Deutschland oder in andere Länder liefern.
Und Sie arbeiten noch immer zu zweit?
Ja, Shane und ich bauen die Aeropods nach wie vor alleine. Er ist ein großartiger Handwerker, sehr perfektionistisch und geduldig. Ohne ihn würde es nicht funktionieren. Inzwischen haben wir auch vier oder fünf Teilzeitkräfte, die uns bei verschiedenen Aufgaben unterstützen, etwa beim Transport.
Woher bekommen Sie die alten Flugzeuge?
Wir arbeiten mit einem Unternehmen zusammen, von dem wir den Airbus A320 in Standardgröße aus Spanien oder Wales bekommen. Die Flugzeuge werden dort vorbereitet, zum Beispiel wird der Boden herausgeschnitten, und unser Mitarbeiter bringt sie zu uns. Die Standard-Modelle aus dem A320 haben den Vorteil, dass sie problemlos von einem Ort zum anderen transportiert und auf normalen Rasenflächen aufgestellt werden können. Aber wir können auch größere Flugzeuge umbauen. Ein Kunde hat kürzlich den Rumpf eines größeren Flugzeugs bestellt, aus dem wir ein Haus bauen sollen. Es steht bereits auf meinem Grundstück, wir müssen es jedoch vor dem Ausbau noch zum Kunden bringen, weil das fertige Aeropod zu schwer wäre, um ihn zu transportieren.
Was kostet ein ausrangiertes Flugzeug?
Das hängt von der Größe und vom Zustand ab – im Durchschnitt sind es zwischen 7.000 und 8.000 Euro für einen Rumpf, aus dem wir dann zwei Aeropods bauen.
Wie viel zahlen denn Ihre Kunden?
Das hängt von der Größe und der Ausstattung ab. Unser kleinstes Modell ist das Fünf-Fenster-Aeropod, das Platz für ein Büro für zwei Personen hat. Der Preis hierfür liegt bei 21.000 Euro. Das Zwölf-Fenster-Aeropod kostet etwa 55.000 Euro.
Wie viel vom Originalflugzeug bleibt denn beim Umbau erhalten?
Wir versuchen, so viel wie möglich zu verwenden. Daher passen wir unsere Vorgehensweise immer wieder an. Die Flugzeugwände bleiben komplett erhalten. Wir nutzen auch die vorhandene Isolierung und fügen noch weiteres Isoliermaterial hinzu. Allerdings müssen wir alle alten Kabel entfernen und das Ganze wieder neu verkabeln, um Steckdosen, Lautsprecher zum Musik hören und LED-Beleuchtung zu installieren.
Wäre es möglich aus einem Airbus A380, dem größten Passagierflugzeug der Welt, ein zweistöckiges Aeropod zu bauen?
Ja, das geht. Je größer das Flugzeug, desto mehr Gestaltungsspielraum haben wir. Die kleineren Modelle sind nur vier Meter breit, daher können wir zum Beispiel nur kleine Küchenzeilen einbauen. Ins Zwölf-Fenster-Aeropod passt dagegen eine richtige Küche.
Das klingt, als könnten Sie so ziemlich jeden Kundenwunsch erfüllen …
Ja, wir können fast alles machen, was der Kunde möchte. Jedes Flugzeug ist wie eine leere Leinwand, die wir beliebig gestalten können. Für ein deutsches Ehepaar, das in der Nähe wohnt, haben wir zum Beispiel eine circa 30 Quadratmeter große Wohnung gebaut – mit Schlafzimmer, Bad, Küche und Wohnzimmer. Sie wollten auch eine Katzenklappe in ihr Zwölf-Fenster-Aeropod eingebaut haben. Wir wollten sie an der Vordertür anbringen. Da die Tür aus Glas ist und einen tollen Ausblick bietet, wollten sie aber, dass wir die Katzenklappe an der Rückwand des Badezimmers einbauen. Ich habe sie dann lachend gefragt, was sie machen, wenn sie auf der Toilette sitzen und die Katze reinkommt ...
Kann man denn dauerhaft in einem Aeropod wohnen?
Ja, auch im Winter ist das kein Problem, sie haben eine Heizung und sind gut isoliert. In Irland ist Airbnb sehr beliebt, um zusätzliches Geld zu verdienen. Die Holzhütten, die die Leute üblicherweise an Touristen vermieten, werden im Winter aber feucht und können dann nicht bewohnt werden. Die Aeropods kann man dagegen das ganze Jahr nutzen.
Glauben Sie, dass Aeropods als Eigenheim eine echte Chance auf dem Immobilienmarkt haben?
Warum nicht? Die Zeiten, in denen sich die Leute große Häuser kaufen, sind vorbei. Ein Haus in Irland zu bauen, ist sehr teuer geworden. Ein Bungalow mit drei Zimmern kostet um die 400.000 Euro, ein vergleichbarer Aeropod nur 130.000 Euro – das ist ein großer Unterschied. Zudem ist keine Wartung nötig. Sie müssen nur die Scheiben putzen! Und ein Aeropod hält nicht nur genauso lange wie ein Haus, sondern sieht einfach cool aus.
Zur Person:
Kevin Regan lebt mit seiner Familie in Leitrim, im Nordwesten Irlands. 2012 gründete er mit seinem Geschäftspartner Shane Thornton zunächst das Wasserdienstleistungsunternehmen NW Water Services. Mit dem Upcycling von ausrangierten Flugzeugen zu mobilen Wohnräumen haben die beiden im Jahr 2021 ein neues erfolgreiches und nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt.
25 - 30 Jahre
sind Flugzeuge im Durchschnitt im Flugbetrieb.
Quelle: European Union Aviation Safety Agency (EASA)
17.170 Flugzeuge
sollen bis zum Jahr 2042 ausrangiert werden.
Quelle: Airbus
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