Die Zukunft der Roboter ist weich
Softroboter sind einer der Megatrends in der Robotik. Ob in der Pflege oder in der Forschung: Was heute größtenteils Prototyp ist, könnte bald schon zu unserem Alltag gehören.
Die weichen Roboter kommen: Seit etwa 15 Jahren nimmt der Bereich Soft Robotics an Fahrt auf. Im Jahr 2024 schätzte das Marktforschungsunternehmen Zion Market Research den weltweiten Umsatz für Soft Robotics auf mehr als eine Milliarde US-Dollar. Eine Nische zwar, verglichen mit fast 25 Milliarden Euro Umsatz, die Unternehmen mit konventionellen Robotern erzielen. Doch Experten prognostizieren, dass diese Nische schneller wachsen wird als die Branche insgesamt: um rund 35 Prozent jährlich. Kein Wunder also, dass sich weltweit Forscher diesem Thema widmen.
Soft Robotics: weich heißt sicher
Der Roboter der Zukunft sieht aus wie ein grauer Elefantenrüssel. Wie beim Dickhäuter auch, dient er als Greifarm. Geschmeidig bewegt er sich durch die Luft und kümmert sich zum Beispiel um das schmutzige Geschirr. Dank integriertem KI-Sprachmodell versteht er Befehle wie „Nimm den roten Becher“. Weil die Entwickler des Schweizer Start-ups EmbodiedAI bei ihm nicht Metall oder Hartplastik, sondern weiches Silikon verarbeitet haben, kann der Greifer den Becher vorsichtig umschließen und zielsicher in die Spülmaschine stellen.
Biegsame Materialien wie Silikone, Gele oder flexible Textilien sind der Grund, weshalb Roboter heute menschliche Bewegungen sehr gut imitieren können. Dass die Maschinen weich und nachgiebig sind und sich für Menschen intuitiv und vorausschauend bewegen, ist die Voraussetzung dafür, dass sie direkt mit Personen agieren dürfen. So braucht es für ihren Einsatz keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen mehr. Näher ran statt Abstand halten, lautet die Devise.
Und zwar sehr nah. Das achtköpfige Team von EmbodiedAI hat nämlich mit seinem Greifroboter viel vor: Er soll eines Tages nicht nur im Haushalt helfen, sondern auch Menschen bei der Pflege unterstützen können und so den Fachkräftemangel in einer alternden Gesellschaft zumindest abmildern. Eine Vision, die sich bewahrheiten könnte: Die Marktforscher von Zion Market Research erwarten das größte Marktwachstum für Softroboter in den kommenden Jahren tatsächlich im Gesundheitsbereich.
Softroboter im Einsatz für Mensch und Umwelt
Auch Robert Katzschmann, Gründer des Soft Robotics Lab an der ETH Zürich, sieht enormes Potenzial, vor allem in den weichen Materialien und den Aktuatoren – also den Teilen des Roboters, die Bewegungen ausführen: „Dank ihnen können wir Roboter einsetzen, die direkt mit Menschen interagieren oder in der Umwelt sicher agieren.“ Kein Wunder also, dass sich ihre Merkmale häufig an den natürlichen Eigenschaften von Lebewesen und organischem Gewebe orientieren. Das Start-up Roboa, das aus der ETH Zürich hervorging, arbeitet beispielsweise an einem schlangenähnlichen Roboter für Such- und Messeinsätze. Er bewegt sich mithilfe von Luftdruck vorwärts und windet sich selbst durch schmale Lücken. So müssen weder Menschen noch Tiere in gefährlichen Terrains, wie Höhlen, Gletscherspalten oder Trümmern von zerstörten Gebäuden, herumklettern – die Robo-Schlange kümmert sich. Der Robo-Rochen des deutschen Unternehmens Festo hingegen gleitet so elegant und geschmeidig durchs Wasser wie ein echter Fisch. Sein möglicher Einsatzzweck: Kabel auf dem Meeresboden inspizieren, ohne das maritime Ökosystem in der Tiefe zu stören.
„Besonders intensiv wird derzeit im Bereich der humanoiden Roboter geforscht“, sagt ETH-Experte Katzschmann. Schwung in die Entwicklung der Maschinenmenschen brachte der Erfolg von KIs wie ChatGPT, die ständig dazulernen. Im Haushalt und der Industrie können Roboter in verschiedenen Situationen so eigenständig Entscheidungen treffen, ohne dass jeder Schritt präzise vorbereitet sein muss. „Das eröffnet ganz neue Einsatzperspektiven“, sagt Katzschmann. Das norwegisch-US-amerikanische Unternehmen 1X kündigte dementsprechend an, bereits 2026 den ersten humanoiden Roboter für Haushalte auf den Markt bringen zu wollen. Auch deutsche Unternehmen wie Neura Robotics arbeiten an ähnlichen Produkten: Der 4NE1 (sprich: for anyone) soll bald zuhause aufräumen, Wäsche falten und Geschirr stapeln.
Nachhaltiger Soft Robotics gehört die Zukunft
Softroboter sind aber auch in einer ganz anderen Hinsicht Hoffnungsträger: „Weiche Materialien können deutlich einfacher aus nachhaltigen, teils sogar biologisch abbaubaren Stoffen hergestellt werden als Metall oder hartes Plastik“, sagt Florian Hartmann. Er leitet die Gruppe Biomimetic Materials and Machines am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI). Weiche Materialien, erklärt der Wissenschaftler, basieren auf Polymeren, und die kommen auch in der Natur häufig vor. Biopolymere zersetzen sich schneller als herkömmliche Kunststoffe, und werden daher auch in einigen Alltagsgegenständen verarbeitet, zum Beispiel in kompostierbaren Bioplastiktüten.
Von der Bioplastiktüte bis zum Softroboter ist es ein weiter Weg, aber das schreckt das MPI nicht ab. Im Gegenteil: Zwischen 2018 und 2023 entwickelten MPI-Wissenschaftler einen künstlichen, biologisch abbaubaren Muskel auf Biopolymerbasis. „Es handelt sich dabei um einen Beutel, der mit Öl gefüllt ist und mithilfe von Elektroden verformt wird“, erklärt Hartmann. Wie ein echter Muskel, setzt der Beutel Kontraktionen und Relaxationen in Bewegungen um. Hartmann zufolge löse er sich im Kompost innerhalb von zwei Monaten komplett auf.
Nachhaltig – aber wenig haltbar
Bisher sind nachhaltige, biologisch abbaubare Softroboter mit künstlichen Muskeln vor allem eines: Zukunftsvision. Zum einen bleiben am Ende immer noch ein Elektronikboard und eine Batterie zurück, sagt Hartmann. Zum anderen sind gelatinebasierte Materialien deutlich weniger belastbar als herkömmliche: Hohen Temperaturen von mehr als 60 Grad oder anhaltendem Regen halten sie bisher nicht stand.
Auch wenn einzelne Modelle bereits in der Arbeitswelt eingesetzt werden, wie etwa Industrieroboter mit Greifarmen aus Silikon: Der Großteil der Entwicklungen befindet sich noch im Prototypenstadium. Katzschmann ist dennoch recht optimistisch: „Bis die ersten Softroboter die Haushalte erobern, werden wohl noch drei bis vier Jahre vergehen.“ Sein Kollege Hartmann vom Max-Planck-Institut rechnet hingegen eher mit acht bis zehn Jahren: „Und bis diese Roboter dann auch aus nachhaltigen Materialien bestehen, wird es nochmal deutlich länger dauern.“
65 Prozent
der Pflegefachkräfte finden, dass IT und Robotik in ihrer Branche gezielt eingesetzt werden sollten.
Quelle: Essity
100 kg
Nutzlast kann der humanoide Roboter 4NE1 tragen.
Quelle: Neura Robotics
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